Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Galileo

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Ort
Ländle
Mein Auto
T5 Multivan
Erstzulassung
April 2007
Motor
TDI® 96 KW
DPF
ab Werk
Motortuning
Nein. (2,5 TDI 96 kW BNZ)
Getriebe
6-Gang
Antrieb
Front
Ausstattungslinie
Startline
Radio / Navi
Aftermarket
Extras
Klima, Standheizung mit Funk, ...
Umbauten / Tuning
Rollstuhl-Lift an rechter Seitentür, Beifahrersitz ersetzt durch Kraftknoten für Rollstuhl.
Typenbezeichnung (z.B. 7H)
7HM AD50BNZX0 300NFM6A503167GG
Hallo T5er,

ist es erlaubt, einen "alternativen" S21-Thread zu eröffnen?

Thematik soll allein die Sache sein, das Für und Wider, Risiken und Kosten, die Alternativen und deren Chancen auf Realisierung sowie die Schlichtung natürlich. Kein Thema soll hier sein: Demos und Polizeieinsätze, Betrachtungen zur Demokratie im Allgemeinen usw.

Meine Position zu dem Thema:

a) politisch im Allgemeinen bürgerlich orientiert (mit Beiträgen zur Klimadiskussion habe ich mich ja auch in diesem Forum schon als entschiedener Gegener der Grünen exponiert, ferner z.B. auch Befürworter von Kernenergie)

b) als Ing. im Allgemeinen aufgeschlossen für Fortschritt

c) als Schwabe bin ich ganz nah dran (20 km)

Und dennoch bin ich derzeit gegen die Umsetzung von Stuttgart 21 - zumindest in der derzeit geplanten Form.

Kurze Einführung zu Stuttgart 21:


Ist-Zustand

Es gibt einen Kopfbahnhof mit 17 Bahnsteiggleisen für den Fern- und Regionalverkehr, der von außen auf 6 Gleisen zugeführt wird. Um Kreuzungen beim ein- und ausfahren zu vermeiden, gibt es ein großes Gleisvorfeld mit bis zu 3 stöckigen Überwerfungsbauwerken.

Zusätzlich und komplett unabhängig davon gibt es bereits eine unterirdische S-Bahn-Röhre durch die ganze Stadt, die auch am Hauptbahnhof als unterirdischer Durchgangsbahnhof gebaut ist. Die S-Bahn bliebe von S21 komplett unberührt, der neue S21-Tiefbahnhof würde quer über der S-Bahn-Röhre liegen.



Unterirdischer Durchgangsbahnhof statt oberirdischer Kopfbahnhof

Dies ist des Pudels Kern: S21 soll Stuttgart von oberirdischen Bahngleisen befreien. Damit soll Raum für die Stadtentwicklung entstehen.

Frage ist, ob man das braucht, angesichts bereits heute leer stehender Büro- und Gewerbeflächen und voraussichtlich sinkender Einwohnerzahl, oder ob das nur die nächste Immobilienblase auslöst (wie damals in Berlin). Als das Projekt geboren wurde, wurde noch argumentiert, der Tiefbahnhof finanziere sich aus dem Verkauf der Grundstücke fast von selbst, heute weiß man, dass dies in keinem sinnvollen Verhältnis steht:

Die Bahn hat nämlich die Grundstücke, auf denen (bis mindestens 2025) noch die Züge fahren bereits 2001 zum reellen Marktpreis von nur 459 Mio. an die Stadt Stuttgart verkauft.

(Inwieweit hier bereits der Weiterverkauf solcher Grundstücke an bestimmte Leute vorab "geregelt" ist will ich garnicht wissen.)

Im Fall dass das Projekt nicht realisiert wird muss aber die Bahn vertraglich die Grundstücke zurück nehmen und den Betrag nebst 5,5% p.a. an die Stadt zurückzahlen (so viel zu den horrenden "Ausstiegskosten").



Rückbau statt Ausbau

S21 ist also NICHT ein Ausbau der bestehenden Infrastruktur, S21 ist zunächst einmal ein gewaltiger RÜCKBAU von Bahn-Infrastruktur.

D.h. unser Bahn-Netz in Stuttgart wird platt gemacht. Wir sollen dafür zwar ein neues unterirdisches Netz bekommen, dies ist aber an diversen Punkten so sparsam geplant, dass es nicht einmal die Leistungsfähigkeit des heute bestehenden Systems hat, nähere Details siehe unten.

Der Kopfbahnhof hat heute schon eine Kapazität von 17 Bahnsteiggleisen, der neue Tiefbahnhof soll sich auf 8 Bahnsteiggleise beschränken.

Der heutige Kopfbahnhof ist an 6 Fernverkehrsgleise angeschlossen, durch den Anschluss der Neubaustrecke Ulm würde das auf 8 erhöht werden. Der geplante S21-Tiefbahnhof hätte Anschluß an 4 durchgehende Ferngleise, macht in Summe der beiden Richtungen ebenfalls 8. Es fehlt ihm aber die Pufferkapazität, die der heutige Bahnhof mit 17 Bahnsteiggleisen hat. Heute können Anschlußzüge problemlos ggf. kurz warten und tun dies auch. Ist die Zahl der Bahnsteiggleise auf 8 begrenzt, dann geht das kaum noch, sie müssen raus um Platz zu machen.

Allerdings sei noch erwähnt, dass die Bahnanlagen des Kopfbahnhofes stark sanierungsbedürftig sind. Dennoch, wenn man dies mit dem Aufwand eines Tunnelsystems unter der Stadt vergleicht, ist und bleibt es der geringere Aufwand, und vor allem wäre da zumindest zur Instandhaltung allein die Bahn in der Pflicht, auch das wird sicher gerne zu den "Ausstiegskosten" hinzugerechnet.

Gegen das S21 Tunnelsystem bestehen ferner erhebliche geologische Bedenken, die zumindest weitere Kostenrisiken mit sich bringen, einige Gegner befürchten auch Schlimmeres (Schäden an Gebäuden usw.).


Fernverkehr, Magistrale Paris-Budapest, ICE-Neubaustrecke Stuttgart-Ulm

S21 ist in der Wahrnehmung von außen stark verknüpft mit dem Bau einer Magistrale Paris-Budapest. Diese Verknüpfung in der Wahrnehmung und die Verquickung in der Planung wurde bewußt geschaffen, um die ansonsten schwache Argumentation für S21 zu stärken.

Tatsächlich besteht aber nur ein geringer Zusammenhang. Die Schaffung der Magistrale hängt im Wesentlichen ab von der geplanten ICE Neubaustrecke Stuttgart - Ulm, diese Neubaustrecke kann aber sowohl an einem neuen S21-Tiefbahnhof als auch am sanierten und ausgebauten Kopfbahnhof angeschlossen werden.

Es bleibt dann lediglich die Tatsache, dass ICE-Züge im Stuttgarter Kopfbahnhof heute eine Haltezeit von 4 Minuten benötigen, wegen des Fahrtrichtungswechsels. In einem Durchgangsbahnhof könnte dies theoretisch auf 2 Minuten verkürzt werden, dies aber auch nur dann, wenn die Fahrgäste tatsächlich so schnell ein- und aussteigen, was in der Praxis kaum der Fall ist.

Der Zeitgewinn für den Fernverkehr auf Grund eines Durchgangsbahnhofs wäre also marginal.

Im Übrigen ist auch die Neubaustrecke umstritten, da sie wegen des steilen Anstiegs auf die schwäbische Alb nur von leichten Güterzügen befahren werden kann (bis 1000 t), der Trend geht aber zu schwereren Güterzügen.


Durchgehender Regionalverkehr

Heute ist es so, dass Regionalzüge aus allen Himmelsrichtungen in aller Regel am Stuttgarter Hbf beginnen oder enden. Ein Durchgangsbahnof würde dazu führen, dass Regionalzüge in aller Regel weiterfahren, d.h. der Zug der aus Osten kommt hält kurz an und fährt dann z.B. nach Südwesten oder Norden weiter.

Dies wird von den S21-Trägern als großer Vorteil proklamiert, ist aber bei näherem Hinsehen nicht wirklich interessant, denn die Fahrgäste, die mit Regionalzügen kommen, würden auch weiterhin in Stuttgart Hbf zu 90% umsteigen, entweder in den Fernverkehr, in S-Bahn, U-Bahn oder Bus, in Regionalzüge in andere Richtungen, oder sie steigen aus und gehen in die Stadt. Die Allerwenigsten würden vom Knoten des HBf aus genau dahin weiter fahren, wo dieser Zug dann hin fährt.

Durchgehende Regionalzüge sind also nicht das, was der Fahrgast in Stuttgart braucht.

Durchgehende Regionalzüge hätten sogar einen Nachteil: Jede Verspätung wird durchgebunden. Im Gegensatz dazu kann heute vom Kopfbahnhof der Zug nach Südwesten auch dann pünktlich abfahren, wenn der Zug aus Osten 15 Minuten später kommt, weil es eben nicht der selbe Zug ist.


Schnelle Anbindung neues Messegelände und Flughafen

Seit kurzem ist das neue Messegelände südlich Stuttgart auf den Fildern fertig, es liegt direkt am Flughafen. Die S-Bahn, die eine große Schleife fährt und unterwegs oft anhält benötigt dafür 27 Minuten. S21 sieht den Bau eines 9,5 km langen Tunnels vor, über den sich diese Verbindung auf 8 Minuten verkürzen würde. Er wäre allerdings nicht von der S-Bahn befahrbar sondern nur vom Fern- und Regionalverkehr.

Ein großer Teil des Fern- und Regionalverkehrs würde in einer Schleife über diesen Tunnel und den Flughafenbahnhof umgeleitet, jeder dritte ICE soll dort sogar ein zweites Mal Halt machen.

Eine schnellere Anbindung des Flughafens wird meiner Meinung nach in jedem Fall gebraucht, mit oder ohne S21, und die Gegner haben dies in ihrem Alternativkonzept ebenfalls vorgesehen.


Expertenmeinung: Mangelnde Leistungsfähigkeit des neuen S21 Bahnknotens

Die Landesregierung läßt sich bei der Planung des Verkehrskonzepts beraten von den rennomierten schweizer Experten der Firma SMA und Partner, deren Kompetenz zweifeln auch die S21-Gegner nicht an, nur leider muss SMA und Partner natürlich soweit fachlich vertretbar sich im Interesse des Auftraggebers äußern.

Dennoch hat SMA und Partner zu S21 2008 folgendes geschrieben (Quellen), Auszug:

SMA und Partner 2008 schrieb:
Erkenntnisse

Knapp Dimensionierte Infrastruktur (Eingleisigkeiten, Abzweige, Tiefbahnhof Stuttgart) und weitere Randbedingungen (Durchbindungen, Erhalt der Fahrplanstruktur außerhalb Stuttgarts)

-> Gestaltung des Fahrplans nur in sehr geringem Maße möglich

Hohes Stabilitätsrisiko ...

-> Gesamtsystem nur sehr schwer beherrschbar

Tiefbahnhof bietet nur geringe Pufferkapazität

Angebotsausweitungen in der Zukunft sind nur sehr bedingt realisierbar

Aufgrund der Brisanz der vorliegenden Resultate ist absolutes Stillschweigen erforderlich.

Soweit die Sicht der von allen Seiten anerkannten Experten im Jahr 2008. Nachdem das nun bekannt wurde, versuchte man zu beschwichtigen: Es würde sich um einen "alten Stand" handeln usw., wobei ja an der Planung des Schienennetzes seit 2008 nichts mehr geändert wurde. Gleichzeitig hat man aber weiterhin Bedenken geäußert:

SMA und Partner [DLMURL="http://www.uvm.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/66249/_Stellungnahme_von_SMA_und_Partner_AG.pdf?command=downloadContent&filename=_Stellungnahme_von_SMA_und_Partner_AG.pdf"]neue Stellungnahme[/DLMURL] am 28.07.2010:

SMA und Partner 2010 schrieb:
Mit dem vom Land Baden-Württemberg und von DB Fernverkehr gewünschten Mengengerüst (d.h. Anzahl Züge über die verschiedenen Infrastrukturelemente) entstehen an verschiedenen Stellen fahrplantechnisch anspruchsvolle Konstruktionen. Die definitive Fahrbarkeit hierfür kann nur durch die Simulationen von DB Netz bestätigt werden.

...

Um das zu Beginn der Untersuchung identifizierte hohe Stabilitätsrisiko zu vermeiden, ist im Verlaufe der Projektbearbeitung eine angebotsplanerisch sinnvolle Fahrplankonstruktion erarbeitet worden, die die vorgesehene Menge an Zügen abbildet. Deswegen fordert DB Netz im Rahmen der durchgeführten Simulation zur Verbesserung der Betriebsqualität die folgenden Massnahmen:

- zweiter Triebfahrzeugführer an der Station Flughafen Terminal,
- überschlagene Wende bei der S-Bahn in Filderstadt,
- zweigleisiger Ausbau Station Terminal – NBS,
- 2 Überleitverbindungen vor und hinter dem Bahnsteigbereich an der Station Terminal.


Das Dilemma

Die hier von den Experten konkret geforderten weiteren Ausbaumaßnahmen, durch die S21 ein Mindestmaß an Leistungsfähigkeit bekäme, sind aber im heutigen S21-Konzept nicht vorgesehen. Der angestrebte Fahrplan wäre somit nicht stabil fahrbar - müßte also ausgedünnt werden, wenn er nicht ständig zusammenbrechen soll.

SMA und Partner drückt das so aus:
SMA und Partner 2010 schrieb:
Eine knapp ausgelegte Infrastruktur muss nicht zwangsläufig zu Engpässen führen, sondern bedarf einer sehr intensiven und iterativen Abstimmung zwischen der verfügbaren Infrastruktur und dem gewünschten Angebot
Zu deutsch: Die Infrastruktir ist zu knapp bemessen, und wir werden dann schon merken, wo man das Zugangebot einschränken muss.

Würde man hingegen die Infrastruktur nicht nur ausreichend sondern auch mit genug Reserven auslegen, wie sich das gehört bei einer langfristigen Planung die sich "Jahrhundertprojekt" nennt, dann würde ja alles noch viel teurer werden, was die Akzeptanz weiter verringern würde, denn noch mehr als die fehlende Leistungsfähigkeit stehen ja bereits jetzt die Kosten in der Kritik: S21 ist ein Milliardengrab mit geringem Nutzen.

Und genau dies ist das Dilemma!


Die Alternative: Kopfbahnhof 21

Dies soll nun die Alternative sein, die die Gegner verfechten: Sanierung und Ausbau des Kopfbahnhofes, wobei ebenfalls die Neubaustrecke Ulm angeschlossen wird, und für die Flughafen-Verbindung gäbe es einen Anschluss in 12 Minuten vom HBf, der allerdings 250 m näher am Terminal liegt als der in S21 vorgesehene Anschluss in 8 Minuten vom HBf. In dem Punkt ist K21 eigentlich besser, denn lieber sitze ich 4 Minuten länger im Zug als mit komplettem Gepäck 250 m zu Fuß zu gehen.

Die S21-Befürworter rechnen vor, K21 sei nur 300 Mio günstiger als S21, legen dabei aber natürlich die schöngerechneten Tunnelbaukosten zu Grunde, die nach Expertenmeinungen nicht reichen werden, und außerdem gehen sie von der derzeit geplanten S21-Sparversion aus, die nach Expertenmeinungen keinen stabilen Fahrplan ermöglicht. Die Befürworter von K21 gehen von einer erheblich höheren Differenz von mindestens 1,6 Mrd aus.

Edit: K21 hat natürlich den Nachteil, dass es nur ein Konzept ist, während S21 eine Baugenehmigung hat. Dennoch birgt auch S21 noch immer ungeklärte und kostenintensive Punkte, siehe Stern: "Stuttgart 21 - nichts als Chaos".

Vergleich der Konzepte: Siehe auch VCD.


Stand der Schlichtung

Genau diese mangelnde Leistungsfähigkeit war Thema der Schlichtung letzten Freitag, konnte aber nicht abgeschlossen werden, weil Bahn und Land eben auf die hier genannten Punkte keine Antwort geben konnten. Man darf gespannt sein, was sie da nun kommenden Freitag aus dem Hut zaubern werden.


Politischer Druck: Wahl im März

Das Alles wäre kein Thema, hätten wir nicht kommenden März Landtagswahl. Letzte Umfrage (Spiegel):

CDU 34
GRÜNE 32
SPD 19
FDP 6
LINKE 5

Und es wird so kommen, im Stuttgarter Gemeinderat kam es nämlich auch so: Die CDU ist in 2 Schritten von 38 auf 24% abgestürzt, seit 2009 sind die Grünen stärkste Fraktion, insbesondere weil 2007 seitens der Poilitik (OB und Gemeinderat) ein Bürgerentscheid trotz 67.000 Unterschriften UND entgegen Wahlversprechen gezielt umgangen und ausgehebelt wurde. Das hat die Gemüter hier bereits erhitzt.

Edit: Siehe Die Zeit: "Ausgetrickst und abgekanzelt."

Und die Grünen haben sich für die Landtagswahl klar positioniert (Tübinger OB Palmer im TV nach der Schlichtung am Freitag): Grüne Regierungsbeteiligung nur mit Stopp von S21.

Und das ist wohl der Grund, warum die CDU hier Schlichtungsgespräche veranstaltet: Meiner Meinung nach versuchen sie zunächst, die Bürger auf ihre Seite zu bringen. Gelingt das nicht, können sie im Wege der Schlichtung immer noch nachgeben und den Weg frei machen für eine Volksbefragung.

Und auch ich würde nach heutigen Stand diesmal ausnahmsweise nicht bürgerlich wählen, einerseits ebenfalls wegen der Sache, andererseits aber auch um einen Akzent dagegen zu setzen, dass die politische Kaste hier den Bürgerentscheid gezielt ausgehebelt hat und zwíschen den Wahlen macht was sie will.

Die Frau Bundeskanzlerin hat gesagt, in der Landtagswahl würde über Stuttgart 21 abgestimmt - bitte sehr, das kann sie haben.

Humor: Stuttgart 22
 
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AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Da bin ich mal gespannt ob der Beteiligung. Ich werde mich aus dieser hier raustun, weil ich wie im anderen Thread gesagt kein Interesse an der Sache an sich habe. Es ist mir zu weit weg, es betrifft mich nicht und ich sehe dort alle Entscheidungsvorgänge soweit im grünen Bereich.
Da wir glaube ich keine sehr hohe Präsenz aus der Region haben, könnte sich auch hier das mangelnde öffentliche Interesse widerspiegeln. Im anderen wurde ja auch erwähnt, dass es mehr ein regionales als ein deutsches Problem ist.
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Es ist mir zu weit weg, es betrifft mich nicht und ich sehe dort alle Entscheidungsvorgänge soweit im grünen Bereich.
Das kann man durchaus auch anders sehen, hier die Historie in der Zeit.

Die Zeit schrieb:
Ausgetrickst und abgekanzelt

Wie Politiker aktiv verhinderten, dass die Bürger beim neuen Stuttgarter Bahnhof mitbestimmen.



Im anderen wurde ja auch erwähnt, dass es mehr ein regionales als ein deutsches Problem ist.

Das ist es in der Sache mit Sicherheit.

Das politische Beben könnte aber auch in Berlin ankommen: Man erinnere sich an die vorgezogene Neuwahl mit Regierungswechsel 2005 im Bund nach dem Fall der SPD-Bastion in NRW.

BW hat für die CDU eine ähnliche Bedeutung.
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Hallo,

eine gute Quelle bezüglich der Schlichtungsgespräche ist phoenix.de,
die auch die live-streams via Internet übertragen.

Das letzte Schlichtungsgespräch war wie erwartet kontrovers. Bezüglich
der einzubringenden Unterlagen hatten es alle Parteien - aber nach meiner
Aufassung insbesondere die Projektgegner - versäumt diese wie verabredet
einzubringen, insbesondere monierte der Schlichter, dass die Unterlagen ihm
nicht zur Verfügung gestellt wurden ... um den Parteien Gelegenheit zu
geben dies nachzuholen und weitere offene Punkte diskutieren zu können
hat man beschlossen das Thema in der kommenden Schlichtungsrunde weiter
zu behandeln.

Zur Kapazitätsplanung von S21 gab es massiv abweichende Aussagen, deren
Berechnung für die jeweils ablehnenden Parteien nicht nachvollziehbar waren,
für mich natürlich auch nicht ... die Gesamtaufenthaltsdauer eines Zuges in
einem Kopfbahnhof von nur 4 Minuten (Gegner) konnte seitens der Bahn nicht
nachvollzogen werden ... von mir auch nicht ... zumindest in München stehen
die Züge teilweise bis zu 20 Minuten und mehr, aber das ist nur der beschränkte
Horizont eines Gelegenheitspendlers ... in Stuttgart hatte mein Sohnemann mal
seine Arbeitsklamotten (arbeitet direkt gegenüber vom Stuttgarter Hbf.) seine
Arbeitsklamotten vergessen ... nach 15 Minuten stand der Regionalzug (endend
im Hbf.) immer noch auf dem Gleis. Die von den Befürwortern eines Durchgangs-
bahnhofs eingebrachten Standzeiten von 2-4 Minuten konnte ich - laienhaft -
nachvollziehen, im Duchgangsbahnhof Augsburg (auch an der besagten Magistrale)
erleben das viele Kollegen täglich ... ich als im wesentlichen (noch) mit dem PKW
Pendelnder hab das Bild aber ebenfalls vor Augen, denn immerhin hole ich zu-
weilen jemand vom Bahnhof ab ... salopp formuliert ... um aus einem ICE raus-
zukommen muss man sich schon sputen ...

Die direkte Anbindung des Flughafens und der Messe an das Fernverkehrsnetz
ist für mich als Flughafennutzer und Messebesucher - nur für mich sicherlich -
entscheidend um Stuttgart für Flüge und Messe regelmäßiger zu nutzen und vom
Auto auf die Schiene umzusteigen ... Mangels Anbindung des Münchner Flug-
hafens an den Fernverkehr fahre ich nur via PKW an ... die Fahrt mit Umsteigen
vom Fernverkehr in die S8 mit Gepäck ist eine Zumutung ... die Dauer der Fahrt
incl. Umsteigen, Wegstrecken, etc. ist dann unakzeptabel ... aber vielleicht
will man ja weder mehr Flugverkehr, noch eine überregional attraktive Messe-
anbindung ...

Tunnel ... die Gefahren durch den Gipskeuper konnten bisher nicht belegt
werden ... die Aufmerksamkeit verdankt der Gipskeuper wohl mehr der An-
hebung einer Innenstadt nach Geothermie Bohrungen im Südbadischen
Stauffen ... ansonsten gilt Gipskeuper als beherrschbar.

Tunnel ... die Verlegung der Gleisstrecken unter die Erde und die Schaffung
neuer Flächen für Wohn- und Gewerbe- Immobilien, sowie Verkehrs- und
Grünflächen erscheint mir aufgrund der Immobilienpreise in Stuttgart und dem
Mangel an käuflicher Innenstadt Wohnfläche und aus Stadtplanerischer Sicht
sinnvoll ... Leerstehende Immofonds Gewerbeeinheiten in Randlage gibt es
genug, aber in der Innenstadt schaut es ziehmlich mau aus ... ich sags mal
anders ...

Gleisflächen und der 1000 jährige Bahnhof und 50er Jahr Bausünden sind eher
Stuttgarts Schandflecken ... Stuttgart hat da mehr und Besseres und insbe-
sondere Moderne verdient ... muss ja nicht gleich wie in Montreal werden ...
aber die sind schon seit 1966 im Untergrund ...

Soviel neue Immobilien berühren natürlich auch die Attraktivität der bestehenden
Flächen ... mit ein Grund (vielleicht) warum sich der eine, oder andere Eigen-
tümer einer Immobilie - auch aus dem bürgerlichen Lager - jetzt dermaßen ve-
hement gegen S21 stemmt, aber weiß man es ?

Politisch ist das Verhalten der Grünen wohl als Wendehalsverhalten beschreibbar,
aber was soll's ... Stimmen bringts auf jeden Fall ... wie sie sich verhalten werden,
wenn sie in die politische Verantwortung genommen werden ... auch das wird
man erleben ...


Gypsy
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Das letzte Schlichtungsgespräch war wie erwartet kontrovers. Bezüglich der einzubringenden Unterlagen hatten es alle Parteien - aber nach meiner Aufassung insbesondere die Projektgegner - versäumt diese wie verabredet einzubringen, insbesondere monierte der Schlichter, dass die Unterlagen ihm nicht zur Verfügung gestellt wurden ...
Naja, Entschuldigung, aber das Papier das Geißler bei den Gegnern moniert hat, ist genau das oben verlinkte und allseits heiß diskutierte Papier der Firma SMA und Partner vom 28.07.2010, dieses wurde erstens nicht von seiten der Gegner sondern von seiten des Landes veröffentlicht, man hätte also davon ausgehen können, dass das Land dieses Papíer einbringt, und zweitens hätte Geißler das im Rahmen der Einarbeitung in die laufende Diskussion längst kennen müssen, da hat sein Büro geschlafen.




Zur Kapazitätsplanung von S21 gab es massiv abweichende Aussagen, deren Berechnung für die jeweils ablehnenden Parteien nicht nachvollziehbar waren, für mich natürlich auch nicht ... die Gesamtaufenthaltsdauer eines Zuges in einem Kopfbahnhof von nur 4 Minuten (Gegner) konnte seitens der Bahn nicht nachvollzogen werden ... von mir auch nicht ...
Dazu mußt du nur in den Fahrlplan sehen: Stuttgart HBf: Ankunft / Abfahrt. Momentan ist der nächste ICE der rein kommt der ICE 1091, Ankunft 11:08 aus Berlin, Abfahrt 11:12 weiter nach München. Gleiches gilt für den sonstigen Fernverkehr (IC / EC). Wenn sich Aufenthalte aus sonstigen Gründen verlängern, dann hat das nichts mit Kopf- oder Durchgangsbahnhof zu tun.



in Stuttgart hatte mein Sohnemann mal seine Arbeitsklamotten (arbeitet direkt gegenüber vom Stuttgarter Hbf.) seine Arbeitsklamotten vergessen ... nach 15 Minuten stand der Regionalzug (endend im Hbf.) immer noch auf dem Gleis.
Kann er doch, es sind 17 Gleise vorhanden, also warum soll er wegfahren wenn er in Stuttgart endet? Er bekommt eine neue Identität als neuer Regionalzug, der in Stuttgart beginnt. Vorteil: Selbst wenn er zu spät angekommen ist, kann er wegen der langen Standzeit als neuer Zug pünktlich abfahren, der großzügig dimensionierte Bahnhof puffert hier im Regionalverkehr die Verspätungen weg.

Du mußt hier Fern- und Regionalverkehr klar unterscheiden: Im Regionalverkehr ist Stuttgart Hbf ist ein Knoten, wo sowieso fast alle Fahrgäste um- oder aussteigen, eine direkte Weiterfahrt von Regionalzügen würde also fast niemandem etwas bringen, "mitgenommen" würden nicht die Fahrgäste, wohl aber die aufgelaufenen Verspätungen (siehe oben).



Gleisflächen und der 1000 jährige Bahnhof und 50er Jahr Bausünden sind eher Stuttgarts Schandflecken ... Stuttgart hat da mehr und Besseres und insbesondere Moderne verdient ...
Naja, gerade der Bahnhofsbau, den ich persönlich auch nicht schön finde, soll ja weitgehend stehen bleiben. ;)

Eine Stadt ohne Gleise wäre natürlich "nice to have", allerdings erzeugt der zusätzlich entstehende Stadtteil weiteren Verkehrsbedarf, und angesichts eines unterdimensionierten neuen Bahnknotens sind das keine rosigen Aussichten, zumal wir auf den Straßen Stuttgarts ohnehin ein tägliches Verkehrschaos haben, weil eine Nord-Ost-Tangente fehlt. Da sollten sie mal was bauen.



Politisch ist das Verhalten der Grünen wohl als Wendehalsverhalten beschreibbar, aber was soll's ... Stimmen bringts auf jeden Fall ... wie sie sich verhalten werden, wenn sie in die politische Verantwortung genommen werden ... auch das wird man erleben ...
Ich mag die Grünen auch nicht. Aber so wie die CDU hier bisher agiert, scheint sie eine Erneuerung in der Opposition dringend zu brauchen.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Naja, Entschuldigung, aber das Papier das Geißler bei den Gegnern moniert hat, ist genau das oben verlinkte und allseits heiß diskutierte Papier der Firma SMA und Partner vom 28.07.2010, dieses wurde erstens nicht von seiten der Gegner sondern von seiten des Landes veröffentlicht, man könnte also davon ausgehen können, dass das Land dieses Papíer einbringt, und zweitens hätte Geißler das im Rahmen der Einarbeitung in die laufende Diskussion längst kennen müssen, da hat sein Büro geschlafen.

Stimmt ... ich sag nichts anderes ... Alle Parteien haben es versäumt Unter-
lagen vorzulegen ... natürlich auch die Befürworter ... ich erinnere mich aber
noch sehr genau an das - sorry - belämmerte Gesicht des Jungen Herren
im schwarzen Rolli von den Gegnern, als Geissler die fehlenden Dokumente
auflistete, die von Ihnen noch vorzulegen sind ... leider habe ich sie mir
nicht im einzelnen notiert ... wenn alle ihre Fakten auf den Tisch bringen
sollten ... fein ... beim nächsten Almauftrieb werde ich ein wenig mitschreiben.


Dazu mußt du nur in den Fahrlplan sehen: Stuttgart HBf: Ankunft / Abfahrt. Momentan ist der nächste ICE der rein kommt der ICE 1091, Ankunft 11:08 aus Berlin, Abfahrt 11:12 weiter nach München. Wenn sich Aufenthalte aus sonstigen Gründen verlängern, dann hat das nichts mit Kopf- oder Durchgangsbahnhof zu tun.

Wieviel Gleise stehen in Stuttgart (üblicherweise/dediziert) für den priorisierten
ICE (Durchgangs)verkehr eigentlich zur Verfügung ?

Kann er doch, es sind 17 Gleise vorhanden, also warum soll er wegfahren wenn er in Stuttgart endet? Er bekommt eine neue Identität als neuer Regionalzug, der in Stuttgart beginnt.

und nutzt den Bahnhof als Parkplatz ... deshalb das Konzept die Regional-
züge weiterfahren zu lassen ... weiterfahren heißt ... Verspätungen mit-
nehmen (blöd), weil weiterfahren im Durchgangsbahnhof ein Muß ist ... heißt
aber auch ... weiterfahrende Züge fahren in eine Richtung in die ein anderer
Zug (zuvor Anschlußzug) auch gefahren wäre ... für die 10% die ohnehin in
diese Richtung wollen ein Vorteil (müssen nicht umsteigen), für die 90% die
am HbF. aussteigen, oder trotzdem umsteigen müssen kein Nachteil ... und
die Innenstadtfläche wird nicht mehr als Parkplatz genutzt ...

Vorteil: Selbst wenn er zu spät angekommen ist, kann er wegen der langen Standzeit als neuer Zug pünktlich abfahren, der großzügig dimensionierte Bahnhof puffert hier im Regionalverkehr die Verspätungen weg.

Schön wär's ... pünktlicher Regional- und Fernverkehr und DB ... das ist so,
oder so ein Widerspruch ... zumindest mein Sohnemann kämpfte lang mit
Verspätungen, bis er in die Innenstadt zog und nunmehr eine Chance hat
pünktlich bei der Arbeit zu sein ... München (Kopfbahnhof) ist das genauso,
Augsburg (Durchgangsbahnhof) auch ... solang die DB nicht in zusätzliche
Ressourcen und Netzintelligenz investiert und das auf die Fahrpreise um-
legen kann wird sie auch nicht pünktlich sein ... die Alternative - im Ver-
gleich zur pünktlichen Schweiz ist, dass sie ihr - im Vergleich zur Schweiz -
übermäßig große Schienennetz los wird, also durch Stilllegung, oder durch
den Verbleib des defizitären Schienennetzes beim Bund, also beim Steuer-
zahler, der für den Erhalt teuer bezahlt.


Naja, gerade der Bahnhofsbau, den ich persönlich auch nicht schön finde, soll ja weitgehend stehen bleiben. ;)

Naja ... Tierschützer, die das Aussterben eines Stuttgarter Juchtenkäfers
ebenso bedrohlich für die Zukunft der Menschheit einstufen, wie Denkmal-
schützer, die Bauwerke wie den Stuttgarter Bahnhof als schützenswert er-
achten ... dafür fehlt mir - sorry - ohnehin Jedes Verständnis. Wohlgemerkt
ich bin bei WWF aktiv ... Nichts gegen Tierschutz ... und wenn es dem Stutt-
garter Schloss an den Kragen ginge, dann wäre ich auch Denkmalschützer,
aber für den Erhalt der Architektur auch nur eines Teils des Bahnhofes hab
ich eben keine Sympathien. Aber hier sind wir uns also einig ...


Eine Stadt ohne Gleise wäre natürlich "nice to have" ...


Seh ich auch so ... "nice to have" ist Nichts anderes als Heute Zukunft
gestalten", oder es sein zu lassen.


allerdings erzeugt der zusätzlich entstehende Stadtteil weiteren Verkehrsbedarf

Seit mein Sohn in die Innenstadt gezogen ist geht sein Straßen- und Bahn-
verkehrsbedarf gegen Null ... vorher verstopfte er mal die Straßen, mal den
Regionalverkehr ... jetzt höchstens mal die S-Bahn.


und angesichts eines unterdimensionierten neuen Bahnknotens


Da bsteht weder zwischen uns beiden, noch den Fachleuten Konsenz.
also ist es (noch) kein Argument, sondern Glaube.


zumal wir auf den Straßen Stuttgarts ohnehin ein tägliches Verkehrschaos
haben, weil eine Nord-Ost-Tangente fehlt.


Bis 2020 und bis zum S21 ROI 2050/2060 wird sich da sicher noch was tun ...


Da sollten sie mal was bauen.


Ist ja geplant ... ob das aber jemals gebaut wird steht in den Sternen ...

Nach S21 würde ich als Stuttgarter Politiker egal welcher Couleur Nichts
mehr bauen ... nicht einmal daran denken etwas zu bauen ... höchstens
in Alpträumen ...



Ich mag die Grünen auch nicht. Aber so wie die CDU hier bisher agiert, scheint sie eine Erneuerung in der Opposition dringend zu brauchen.


Man bekämpft das "Übel" nicht mit dem noch größeren Übel ... denn das
Ergebnis ist klar ... nur Wählern nicht, die denken noch in Kategorien wie
erst Denkzettel und älabätsch ... dann Reinigung, innerer Erneuerung, und
dann wird Alles gut ... gehts daneben ... heißts dann eben ... ich hab die
doch nicht gewählt ... ich doch nicht ... schade und gut zugleich, das
Wahlen geheim sind ... auch gern gehört ... ja, hätte ich das gewußt ...


Gypsy
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Wieviel Gleise stehen in Stuttgart (üblicherweise/dediziert) für den priorisierten ICE (Durchgangs)verkehr eigentlich zur Verfügung ?
Keine Ahnung. Einteilen muss man ja nur wenn man Mangel hat.


Galileo schrieb:
zumal wir auf den Straßen Stuttgarts ohnehin ein tägliches Verkehrschaos haben, weil eine Nord-Ost-Tangente fehlt.
Bis 2020 und bis zum S21 ROI 2050/2060 wird sich da sicher noch was tun ...

Ist ja geplant ... ob das aber jemals gebaut wird steht in den Sternen ...
Da ist nichts geplant.

Da war mal was geplant, zu der Zeit ging ich noch in die Schule, da sollte eine "Neckar - Alb - Autobahn" gebaut werden von Heilbronn östlich an Stuttgart vorbei runter auf die A8. Das wurde aber abgeblasen, und darum haben wir täglich das Chaos bis zum heutigen Tag.

Umso wichtiger ist es zu verhindern, dass die uns hier auch noch die Bahnschienen klauen.



Nach S21 würde ich als Stuttgarter Politiker egal welcher Couleur Nichts mehr bauen ... nicht einmal daran denken etwas zu bauen ... höchstens in Alpträumen ...
Beleidigte Leberwürste brauchen ja nicht mehr anzutreten.

Klar tut mir der Mappus auch leid, der hat S21 nicht erfunden, der kommt dazu wie die Jungfrau zum Kind. Trotzdem muss er sich damit rumschlagen, das ist sein Job.



Man bekämpft das "Übel" nicht mit dem noch größeren Übel ... denn das Ergebnis ist klar ... nur Wählern nicht, die denken noch in Kategorien wie erst Denkzettel und älabätsch ... dann Reinigung, innerer Erneuerung, und dann wird Alles gut ... gehts daneben ...
Egal was man wählt, es wird meistens ein Reinfall.

Darum wird es Zeit, dass wir endlich mehr Entscheidungen selber in die Hand nehmen.
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Bin weder Städteplaner noch Ingenieur noch Betriebswirt,
kann also zur Wägung der harten Fakten nichts beitragen.

Auch als Laie darf man sich aber womöglich über das eine oder
andere Argument wundern:

Die ab 1971 gebaute, im Herbst 1978 in Betrieb genommene S-Bahn
(warum blieb die Empörung damals aus?) fährt im Gebiet der Kernstadt
komplett unterirdisch, ihre Röhren liegen deutlich tiefer als der geplante
Bahnhof. Warum also sollten die "Bahnhofsgrube" und die für die neue Bahn-
trasse nötigen Tunnelbauten geologische Risiken aufwerfen, die beim S-Bahn-
Bau offensichtlich beherrschbar waren? Dasselbe frage ich mich bzgl. einer angeblichen Gefährdung der Mineralquellen.

Die Fassade des Bonaz-Baus (die ja erhalten bleiben soll) mag den weniger wohlwollenden Betrachter an den Anblick einer im ausgehenden 19. Jahrhun-
dert konzipierten Justizvollzugsanstalt gemahnen. Nicht zufällig hat die New
York Times in einem Bericht über die Konflikte rund um Stuttgart 21 zu einem
ähnlichen Bild gegriffen.

Was finden eigentlich die Bewohner der Stuttgarter Halbhöhenlage so attrak-
tiv an dem massiven Gleiskeil, der sich bis zur Baulinie des Querriegels "Kopf-
bahnhof" kontinuierlich aufweitet und die im Kessel eingezwängte Stadt seit
90 Jahren in zwei Hälften spaltet? Die Initiative zu Stgt 21 ging nicht von der
DB aus. Es waren Stuttgarter Stadtplaner und die damalige Verwaltungsspitze,
denen anlässlich eines Helikopter-Rundflugs anfangs der 90-er Jahre auf der
Suche nach städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten die monströse Platzverschwendung durch diesen Gleiskeil ins Auge sprang.

Ein Tiefbahnhof würde im übrigen auch die Emissionen durch den Bahnverkehr,
denen die Bewohner der Innenstadt ausgesetzt sind, ein für alle mal beenden
als da wären Lärm und Dieselgestank durch die von nicht elektrifizierten Nebenstrecken einfahrenden Züge.

Die Verteidiger des Juchtenkäfers und der Mopsfledermaus sollten ev. gele-
gentlich einen Gedanken daran verschwenden, daß nach Abbau des oberir-
dischen Gleiskeils die angrenzenden Teile der grünen Lunge Stuttgarts, ins-
besondere der Rosensteinpark, zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte
wesentlich erweitert werden sollen. Sobald die Bäume dort ebenso mürbe
sind wie die jetzt gefällten, können die og. Tierchen ihre Habitate erweitern.

Baumfällungen für Bauvorhaben sind nichts Schönes. Die allg. Emotionali-
sierung verstellt aber den Blick darauf, daß die Restlebensdauer etlicher
dieser Bäume (insbesondere der vom Juchtenkäfer bewohnten, der mag
nämlich va. abgestorbenes Holz) limitiert war. Die zurzeit in der Wilhelma
laufenden Fällarbeiten scheinen dem "gesunden Volksempfinden" nicht zu-
wider zu laufen.

Daß der Stuttgarter Flughafen und die neue Messe auf den Fildern durch
die Neutrassierung einen eigenen ICE-Bahnhof erhalten, bringt für alle
Regionen Baden-Württembergs, die südlich von Stuttgart liegen, eine
enorme Verbesserung. Es wird sich für Bewohner der Landkreise Tübingen,
Reutlingen, Zollernalb, Sigmaringen, Rottweil etc. ggf. wirklich nicht mehr
lohnen, wie bisher mit dem Auto zur Messe oder zum Flughafen zu fahren.

Ob die handfesten Vorteile das viele Geld aufwiegen, vermag ich nicht zu
beurteilen. Mich erschreckt die Erbitterung, mit der die Diskussion geführt
wird. Ich frage mich bspw., wie angesichts einer solchen Einstellung die
Eisenbahn im ausgehenden 19. Jahrhundert überhaupt hätte gebaut werden
können - in jeder angeschlossenen Stadt mußten zwangsläufig Flächen
für Gleise und Bahnhöfe frei geräumt werden. Womöglich geht es uns
heute zu gut, um für technischen Fortschritt noch die damalige Begeister-
ung empfinden zu können.

Gruß Franz
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Hallo Franz,

beim damaligen Eisenbahnbetrieb haben "Fachleute", darunter angesehene Medinziner, vor dem Fahren mit der Eisenbahn gewarnt. Die '"überhöhte" Geschwindigkeit (unter 20 km/h) wäre der menschliche Körper nicht gewohnt und wenn man sich dieser aussetzt könne man körperliche Schäden davontragen.

Erbitterte "für-wider" Diskussionen sind so alt wie die "Neuzeit" und ja eben gerade Ausdruck einer Demokratie und nicht deren Gefährdungspotential.

Grüße aus der völlig friedlichen Rhön
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Hallo Franz,

lass mich im Einzelnen drauf eingehen:

Die ab 1971 gebaute, im Herbst 1978 in Betrieb genommene S-Bahn (warum blieb die Empörung damals aus?) fährt im Gebiet der Kernstadt komplett unterirdisch, ihre Röhren liegen deutlich tiefer als der geplante Bahnhof. Warum also sollten die "Bahnhofsgrube" und die für die neue Bahntrasse nötigen Tunnelbauten geologische Risiken aufwerfen, die beim S-Bahn-Bau offensichtlich beherrschbar waren? Dasselbe frage ich mich bzgl. einer angeblichen Gefährdung der Mineralquellen.
Da stimme ich dir weitgehend zu.

Ganz unbegründet sind die Bedenken wegen der Geologie aber auch nicht:

Zum einen basieren die Ängste auf den Ereignissen in Staufen / Breisgau. Dort hat man vor kurzem eine Gipskeuperschicht angebohrt, und seitdem nimmt eine Karastrophe ihren Lauf: Die gesamte 7800-Einwohner-Stadt hebt sich immer weiter an, immer mehr Häuser bekommen Risse, die Schäden sind unabsehbar. (Spiegel)

Auch in Stuttgart hatte man mit dem Gipskeuper schon enorme Probleme: Der Wagenburgtunnel war ursprünglich mit zwei Röhren geplant, unter anderem wegen der erhöhten Kosten durch Gipskeuper hat man aber auf die Fertigstellung der Nordröhre verzichtet, sie endet nun im Berg und beherbergt eine Disko.

Meine Meinung dazu: Beherrschbar ist das sicherlich, die Ereignisse in Staufen sind jetzt für mich kein Grund, keine Tunnel mehr zu bauen. Die Kostenrisiken kann man aber nicht leugnen.

Dennoch: Das wäre aber für mich kein KO-Kriterium.



Die Fassade des Bonaz-Baus (die ja erhalten bleiben soll) mag den weniger wohlwollenden Betrachter an den Anblick einer im ausgehenden 19. Jahrhundert konzipierten Justizvollzugsanstalt gemahnen. Nicht zufällig hat die New York Times in einem Bericht über die Konflikte rund um Stuttgart 21 zu einem ähnlichen Bild gegriffen.
Volle Zustimmung! Von mir aus kann das Ding auch weg.



Was finden eigentlich die Bewohner der Stuttgarter Halbhöhenlage so attraktiv an dem massiven Gleiskeil, der sich bis zur Baulinie des Querriegels "Kopfbahnhof" kontinuierlich aufweitet und die im Kessel eingezwängte Stadt seit 90 Jahren in zwei Hälften spaltet? Die Initiative zu Stgt 21 ging nicht von der DB aus. Es waren Stuttgarter Stadtplaner und die damalige Verwaltungsspitze, denen anlässlich eines Helikopter-Rundflugs anfangs der 90-er Jahre auf der Suche nach städtebaulichen Entwicklungsmöglichkeiten die monströse Platzverschwendung durch diesen Gleiskeil ins Auge sprang.
Ja, sicher, für die Idee könnte man sich begeistern. Ich habe als Ing. auch oft Ideen, die mich begeistern, aber nach genauerem Hinsehen und Durchrechnen sind sie dann eben doch oft nicht sinnvoll zu machen.

Konkret war es ja so, dass man im ersten Ansatz dachte, der Wert der gewonnen Grunstücke würde S 21 finanzieren, heute weiß man, dass das nur etwa 10% der Kosten trägt.

Ferner steht im Beschluss des Landtags zu S21:

Landtag schrieb:
Das Gesamtprojekt mit Neubaustrecke und Stuttgart 21 ist verkehrs- und umweltpolitisch sinnvoll, weil...

... die bahnbetriebliche Leistungsfähigkeit des Bahnknotens Stuttgart für den Fern- und den Regionalverkehr erheblich gesteigert wird und dadurch eine nachhaltige Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene möglich wird, was insbesondere unter dem Aspekt des Klimaschutzes dringend erforderlich ist.
Heute wissen wir: Genau das Gegenteil ist der Fall (siehe Eröffnungsbeitrag): Der neue Bahnknoten leistet sogar weniger als der Alte.

Somit hätte man sich von dieser Idee eben irgendwann von mir aus unter Tränen aber aus Gründen der Vernunft wieder verabschieden müssen, hat man aber nicht gemacht, man will mit dem Kopf durch die Wand.​

Und sieh es mal so: Andere Städte werden von Bahnlinien auf der gesamten Länge in zwei Hälften geschnitten, in Stuttgart endet diese Teilung am Bahnhof. Und die Optik aus der Vogelperspektive ist ja nun nicht so wichtig.​

Was man sicherlich da mitten in der Stadt nicht braucht ist dieser Wartungsbahnhof, den könnte man aber auch unabhängig vom S21-Konzept verlegen.​



Ein Tiefbahnhof würde im übrigen auch die Emissionen durch den Bahnverkehr, denen die Bewohner der Innenstadt ausgesetzt sind, ein für alle mal beenden als da wären Lärm und Dieselgestank durch die von nicht elektrifizierten Nebenstrecken einfahrenden Züge.
Klar wäre das schön, aber hier gilt das selbe wie beim letzten Absatz.​



Die Verteidiger des Juchtenkäfers und der Mopsfledermaus sollten ev. gelegentlich einen Gedanken daran verschwenden, daß nach Abbau des oberirdischen Gleiskeils die angrenzenden Teile der grünen Lunge Stuttgarts, insbesondere der Rosensteinpark, zum ersten Mal in der jüngeren Geschichte wesentlich erweitert werden sollen. Sobald die Bäume dort ebenso mürbe sind wie die jetzt gefällten, können die og. Tierchen ihre Habitate erweitern.
Volle Zustimmung!​



Baumfällungen für Bauvorhaben sind nichts Schönes. Die allg. Emotionalisierung verstellt aber den Blick darauf, daß die Restlebensdauer etlicher dieser Bäume (insbesondere der vom Juchtenkäfer bewohnten, der mag nämlich va. abgestorbenes Holz) limitiert war. Die zurzeit in der Wilhelma laufenden Fällarbeiten scheinen dem "gesunden Volksempfinden" nicht zuwider zu laufen.
Volle Zustimmung!​



Daß der Stuttgarter Flughafen und die neue Messe auf den Fildern durch die Neutrassierung einen eigenen ICE-Bahnhof erhalten, bringt für alle Regionen Baden-Württembergs, die südlich von Stuttgart liegen, eine enorme Verbesserung. Es wird sich für Bewohner der Landkreise Tübingen, Reutlingen, Zollernalb, Sigmaringen, Rottweil etc. ggf. wirklich nicht mehr lohnen, wie bisher mit dem Auto zur Messe oder zum Flughafen zu fahren.
Klar, wer aus dem Süden kommt und nicht in die Stadt sondern zum Flughafen will hat Vorteile, das ist aber nur ein kleiner Teil der Fahrgäste, und das steht in keinem Verhältnis zu den Engpässen, die S21 in seiner heutigen Konzeption verursacht - siehe Eröffungsbeitrag.​



Ob die handfesten Vorteile das viele Geld aufwiegen, vermag ich nicht zu beurteilen.
Naja, wieviele dieser Vorteile sind denn so "handfest"? Meiner Meinung nach wiegen die Vorteile nicht den Nachteil auf, dass S21 eine Sparverion von Bahnknoten ist, die die erheblichen Verkehrsprobleme in der Region nicht mildern sondern verstärken würde, komplett im Gegensatz zu dem, was man nach Aussage des Landtagsbeschlusses erwarten durfte.​



Mich erschreckt die Erbitterung, mit der die Diskussion geführt wird.
Diese Erbitterung ist nur die Antwort auf die bornierte Sturheit, mit der die politische Kaste dieses unsinnige Prestigepojekt gezielt gegen den Willen der Bürger voran getrieben hat.​



Ich frage mich bspw., wie angesichts einer solchen Einstellung die Eisenbahn im ausgehenden 19. Jahrhundert überhaupt hätte gebaut werden können - in jeder angeschlossenen Stadt mußten zwangsläufig Flächen für Gleise und Bahnhöfe frei geräumt werden. Womöglich geht es uns heute zu gut, um für technischen Fortschritt noch die damalige Begeisterung empfinden zu können.
Glaub mir, ich bin für Fortschritt, aber S21 ist kein Fortschritt sondern ein Rückbau unserer Infrastruktur.​

Wenn man die Planung so erweitert, dass das was im Landtagsbeschluss versprochen wird sich erfüllt, dann bin ich nicht mehr dagegen. Allerdings wäre das dann von den Kosten kaum noch irgendwo konsensfähig.
 
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AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Super sachbezogene Diskussion. Macht richtig Spaß, zu lesen. Weiter machen! :danke:
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Zu Befehl! Fands eh schad, daß, nachdem sich Alle bei Allen
bedankt hatten, nix mehr kam...wär ich dran gewesen?

Allllso, obgleich nicht nur geborener, sondern auch sozialisierter
Schwabe, kann ich mich der Faszination des Projekts nach wie vor
nicht entziehen.

Zwar gibt es ganz offensichtlich Schwachstellen in der Planung.
Das scheint jetzt auch die DB einzusehen, nachdem das von ihr
in Auftrag gegebene schweizer Gutachten wider Willen publik
geworden ist. Eine davon sind ev. Engpässe auf den Fildern, wo die
S-Bahn abschnittweise auf derselben Trasse verkehren soll und man
befürchtet, daß ICEs auf langsamere S-Bahnen, die permanent ihre
Haltepunkte ansteuern müssen, "auflaufen". Da meinte die DB im letzten
Schlichtungstermin, an 835 m zusätzlichen Gleisen (das ist wohl die
Distanz zwischen der Zuführung vom Fildertunnel zum neuen Flug-
hafenbahnhof) werde das Projekt nicht scheitern. Auch die Verkehrs-
ministerin hat - schon vor Wochen - geäußert, es sollte auf diesem
Abschnitt möglicherweise entsprechend nachjustiert werden.
Zum jetzigen Zeitpunkt wäre das sicherlich billiger als hinterher.

Ansonsten hält die DB daran fest, daß der Tiefbahnhof wg. der im
Vergleich zum Kopfbahnhof mit seinem zwangsläufigen Fahrrichtungs-
wechsel wesentlich kürzeren Bahnsteig-Haltezeiten trotz Halbierung
der Bahnhofsgleise fast 40 % leistungsfähiger sei.

Die Österreicher, die in Wien bislang zwei (!) Kopfbahnhöfe hatten,
sehen offenbar ebenfalls hinreichende Vorteile eines Durchgangsbahn-
hofs, denn sie stellen - ohne relevante Bürgerproteste - ihre Infra-
struktur gegenwärtig entsprechend um (was die Fahrtzeiten auf der
neuen Magistrale Paris - Budapest weiter verkürzen wird).

Als Jugendlicher bin ich einige Jahre lang einmal wöchentlich mit der
Bahn vom Zollernalbkreis (ca. 70 km südlich von Stuttgart) nach
Stuttgart gependelt mit Umsteigen in Tübingen und von dort
gings endlos (statt direkter Strecke über die Fildern wie der Straßen-
verkehr) durchs Neckartal, um dann schließlich über Nürtingen, Ess-
lingen, Bad Cannstatt (!) nach 110 Bahn-km im großen Bogen
Stuttgart (das nicht am Neckar, sondern am Nesenbach liegt, weiß
jeder Leser von Bienzle-Krimis) zu erreichen. Die Fahrt dauerte 2,5
Stunden, die Züge waren leer und gemahnten vor allem bei der nächt-
lichen Rückfahrt an beleuchtete Geisterzüge. Alle potentiellen Fahr-
gäste, die irgendwie konnten, zogen natürlich die Fahrt mit dem
Auto vor, Fahrtzeit damals maximal 1,5 Stunden. Dieselbe Trasse
wird noch heute befahren, wenn auch zugegeben jetzt Neigezüge
unterwegs sind, die sich zwar nicht neigen dürfen, aber immerhin
"durchfahren" und den letzten Halt vor Stuttgart in Reutlingen haben,
was die Bahnfahrt jetzt auf ca. 1,5 Std. verkürzt. Auf der Straße
braucht man heute allerdings (wenn kein Stau ist) maximal noch eine
Stunde, weil die B 27 natürlich längst 4spurig ausgebaut worden ist,
dafür war immer Geld da im Gegensatz zu Pflege und Ausbau der Bahn-
Infrastruktur.

Zum lieben Geld: auf den ersten Blick sind das tatsächlich Unsummen,
die da zur Disposition stehen. Wenn man dann aber die Gedanken mal
etwas schweifen läßt, fällt mir zB. die marode Asse ein, wo die Atom-
lobby es geschafft hat, dem Steuerzahler allein für die Bergung der
vor sich hin korrodierenden Fässer gute 6 Mrd. EUR aufzudrücken, und
damit ist wohlgemerkt noch nichts ver- bzw. entsorgt, die Fässer stehen
dann gerade wieder an der Oberfläche. Oder die militärischen Abenteuer,
die wir brauchen, um unserer Weltgeltung gerecht zu werden...wenn hin-
gegen dieses Bahnprojekt funktioniert (was ich wie schon gesagt nicht
wirklich beurteilen kann), ist es neben der funktionalen Verbesserungen
eben auch ein Leuchtturm für unsere Kernkompetenz im Bereich der
Planung und Realisierung technischer Großvorhaben. Man denke an die
Ausstrahlung des zunächst viel geschmähten Eifelturms in Paris, der
Schwebebahn in Wuppertal (ja, das war vor gut 100 Jahren ein mega-
Projekt, das wie der Eifelturm auch lediglich für eine Ausstellung gebaut
wurde und bis heute hervorragend funktioniert) oder den gleicher-
maßen anfänglich abgelehnten Stuttgarter Fernsehturm, in seiner bahn-
brechenden Bauweise als Stahlbetonmast die Mutter aller modernen Türme
von Berlin Alexanderplatz bis Moskau bis sonstwohin...

Das Tragen von Bedenken hingegen mag zeitgemäß sein, ist aber
nicht unbedingt werbewirksam. Die Magnetschwebebahn, eine epochale
dt. Erfindung, der Motor sitzt in der Schiene, fährt heute in Shanghai, und
das ist nur die Spitze des Eisbergs ...

Ach jetzt fällt mir auch noch was zu den geologischen Risiken, Stich-
wort Staufen oder Gipskeuper, ein: da hab ich, obgleich Laie, ein klitze-
kleines bisschen eigene Erfahrung. Ich hab die Staufener Entwicklung
mit grosser Aufmerksamkeit verfolgt, weil ich just zu der Zeit, als das
hoch kam, eine Erdwärmesonde setzen ließ (gut 200 m tief, also dtl.
tiefer als die Staufener Sonden, die letzten 30 m stecken ebenfalls im
Gipskeuper...): Staufen ist das Ergebnis von haarsträubendem Pfusch
am Bau. Die haben dort im Bereich der Verwerfung problematischer
Schichtungen mehrere Grundwasserhorizonte ohne jede Absicherung
perforiert mit der Folge, daß Wasser, das bis dahin durch isolierende
Schichten vom Anhydrid im Gipskeuper sicher getrennt war, durch die
Bohrungen nach unten gelangen konnte mit der Folge, daß der Anhy-
drid sich jetzt - wie ein Hefeteig - unter enormer Raumforderung in
Gips umwandelt. Das hätte leicht verhindert werden können durch
Verpressung der Bohrungen mit geeignetem Material, wie das eine
seriöse Bohrfirma in einem Arbeitsgang mit dem Legen der Sonden
realisiert. Es gehört zum 1x1 der Sondenbohrung, daß perforierte
Grundwasserhorizonte unverzüglich abzudichten sind. Bei mir scheint
das geklappt zu haben, bisher hebt sich nix, obgleich, ich seh grad,
beim Nachbarn wackelt der Kamin...

Schönes RestWoEnde! Wir Schwaben haben morgen auch noch frei...
 
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AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Allllso, obgleich nicht nur geborener, sondern auch sozialisierter Schwabe, kann ich mich der Faszination des Projekts nach wie vor
nicht entziehen.
Ich kann dich da ja voll verstehen, aber du kennst ja die üblichen Phasen eines Projekts: ;)



Die sechs Phasen eines Projekts
  1. Begeisterung
  2. Ernüchterung
  3. Panik
  4. Suche nach dem Schuldigen
  5. Bestrafung der Unschuldigen
  6. Auszeichnung der Unbeteiligten



Kommen wir nun aber zum Punkt. Ich habe die Schlichtung verfolgt, ich zeichne mir das Freitags auf und schaue es mir dann an den Abendstunden und am Wochenende an.

Ansonsten hält die DB daran fest, daß der Tiefbahnhof wg. der im Vergleich zum Kopfbahnhof mit seinem zwangsläufigen Fahrrichtungswechsel wesentlich kürzeren Bahnsteig-Haltezeiten trotz Halbierung der Bahnhofsgleise fast 40 % leistungsfähiger sei.
Das hat der Professor Martin irgendwann 2005 errechnet, wobei er nur den Bahnhof isoliert betrachtet hat, wobei die Züge in dieser Untersuchung aus dem Nichts kommen und im Nichts verschwinden ohne die Problematik der Engstellen des Umfeldes zu berücksichtigen. Ferner sagt das überhaupt nichts aus über die Zahl der möglichen Anschlussverbindungen.

Man braucht aber kein Professor sein oder studiert zu haben, um zu erkennen, dass mit der doppelten Anzahl Bahnsteiggleise mehr kurzfrisrtige Umsteigemöglichkeiten gegeben sind. Dies gilt einerseits schon im pünktlichen Fahrplanbetrieb, denn wenn die Züge A, B, C und D gleichzeitig da stehen können, kann man zwischen all diesen Zügen umsteigen, wenn aber die Züge A und B aus Platzmangel erst wieder raus müssen bevor C und D rein können, dann geht das nun einmal nicht, genauer gesagt habe ich dann statt 12 Beziehungen nur noch 4:

A->B, A->C, A->D, B->A, B->C, B->D, C->A, C->B, C->D, D->A, D->B, D->C ergibt 12.
A->B, B->A, C->D, D->C ergibt 4.

Sobald es dann im Fahrplan auch noch Verzögerungen gibt, gilt es natürlich umso mehr, dass mit einer Pufferkapazität von mehr Bahnsteiggleisen die Anschlüsse soweit es sinnvoll ist noch erhalten werden können.

Um es nochmal auf den Punkt zu bringen: Der wesentliche Disput ist nicht, ob Kopfbahnhöfe oder Durchgangsbahnhöfe im Allgemeinen effizienter sind. Konkret hier zu vergleichen ist der Stuttgarter Kopfbahnhof mit 17 Bahnsteiggleisen mit dem S21 Tiefbahnhof mit 8 Bahnsteiggleisen.

Und nochmal: Die Verspätungen, die bei eintreffenden Regionalzügen nun einmal gegeben sind, enden beim jetzigen Stuttgarter Konzept in Stuttgart, weil der verspätete Regionalzug da endet und stehen bleibt. Die Fahrgäste stört das nicht, weil sie da sowieso umsteigen wollen in irgend eine andere Regional-Richtung oder in einen Fernzug oder in die S-Bahn, U-Bahn oder Bus oder sie steigen aus. Eine kurzfristige Weiterfahrt des selben Zuges in irgend eine andere Richtung bringt fast niemandem etwas.

Es bleibt die Frage: Was passiert nun mit dem Regionalzug der in Stuttgart endet und nun da steht? Beispiel:

08:53 kommt auf Gleis 7 der RE 4933 aus Würzburg an.
09:19 fährt er auf Gleis 7 als RE 19112 nach Karlsruhe ab.

Heißt das nun, dass ich 26 Minuten warten muss, wenn ich aus Würzburg komme und ausgerechnet nach Karlsruhe will? Nein, denn auch um 9:00 Uhr und um 09:11 Uhr fahren an anderen Gleisen andere Züge nach Karlsruhe ab.

Ich denke, das Beispiel verdeutlicht, dass diese riesige Kapazität von 17 Gleisen enorme Vorteile hat gegenüber nur 8 Bahnsteiggleisen. Andere Frage: Welche Metropole hat eigentlich ein "Hauptbahnhöfle" mit nur 8 Bahnsteiggleisen?

Jetzt haben wir aber nur die Bahnhöfe isoliert verglichen, das ist aber noch lange nicht der entscheidende Punkt, der kommt erst jetzt:

Zwar gibt es ganz offensichtlich Schwachstellen in der Planung. Das scheint jetzt auch die DB einzusehen, nachdem das von ihr in Auftrag gegebene schweizer Gutachten wider Willen publik geworden ist. Eine davon sind ev. Engpässe auf den Fildern, wo die S-Bahn abschnittweise auf derselben Trasse verkehren soll und man befürchtet, daß ICEs auf langsamere S-Bahnen, die permanent ihre Haltepunkte ansteuern müssen, "auflaufen". Da meinte die DB im letzten Schlichtungstermin, an 835 m zusätzlichen Gleisen (das ist wohl die Distanz zwischen der Zuführung vom Fildertunnel zum neuen Flughafenbahnhof) werde das Projekt nicht scheitern. Auch die Verkehrsministerin hat - schon vor Wochen - geäußert, es sollte auf diesem Abschnitt möglicherweise entsprechend nachjustiert werden. Zum jetzigen Zeitpunkt wäre das sicherlich billiger als hinterher.
Es sind nicht nur 835 m eingleisige Strecke vor dem neuen Flughafen Fernbahnhof, es gibt jede Menge Engstellen. Wer kann, der lade sich einmal diese Folien herunter (ppt, 11 MB), es geht um die mittlere Folie 3 (auch als "Folie 11" bezeichnet), das "Schnecken und Blitze-Diagramm", die verschiedenen Engstellen sind da mit Blitzen gekennzeichnet.

Dieses Diagramm stellt nicht den Tiefbahnhof selber dar sondern das Konstrukt, das auf den Fildern beim Flughafen entstehen soll, es ist aber im S21-Gesamtkonzept für den neuen Bahnknoten Stuttgart fest mit dem Bau des Tiefbahnhofs verbunden.

Das ganze Gebilde ist viel zu komplex und hat jede Menge niveaugleicher Kreuzungen und Engstellen, und der Punkt ist, dass die Engpässe sich ja nicht addieren sondern multiplizieren: Hat ein Zug Verspätung, dann wirkt sich das gleich auf andere Züge aus, die die Engstelle nach ihm passieren müssen, diese anderen Züge passieren aber dann wiederum andere Engstellen nicht zu dem Zeitpunkt, an dem es geplant war, und so hängt sich das ganze System bei vielen Engstellen recht schnell auf, und die hier gezeigten Engstellen sind ja nicht alle sondern nur die am Flughafen.

In diesem Zusammenhang fiel dann auch der Witz des Tages: Geißler fragte: "Warum ist da ursprünglich nur ein Gleis vorgesehen für die 800 Meter"? Leuschel von der Bahn antwortete: " [...] es geht immerhin um Bundesmittel und so einfach ist das nicht, dass man jedes Geld hier beliebig in der Erde verbaut bevor nicht die Nachfrage da ist." Ein Witz ist das natürlich insofern, dass das ganze S21-Projekt einen relativ nutzlosen Verbau öffentlicher Gelder in die Erde darstellt.

Auf Grund dieser gesamten Engstellenproblematik ergibt sich dann auch die Tatsache, dass es weiterhin kein leistungsfähiges Betriebskonzpt für den S21 Bahnknoten gibt:

Auch beim zweiten Schlichtungstermin sind Bahn und Land wieder sämtliche Antworten zum Thema Leistungsfähigkeit des neuen Bahnknotens schuldig geblieben, und das ist aus meiner Sicht das wesentliche Ergebnis auch der zweiten Runde.

Schon 2008 haben die allseits anerkannten SMA-Gutachter gesagt, dass die Infrastruktur viel zu knapp bemessen und das Ganze nicht fahrbar ist, und die Streckenplanung hat sich ja seitdem nicht geändert. Was man seither gemacht hat, ist eine Optimierung des Betriebskonzepts, um dieser Probleme so gut wie möglich Herr zu werden, aber wie man gesehen hat, ist noch immer nichts dabei heausgekommen, Bahn und Land haben nun also für nächstes Mal wieder ein Update versprochen.

Man hat also die Leistungsfähigkeit erneut vertagt und darf gespannt sein was da kommen soll.

(Nebenbei hat die Bahn zwischenzeitlich wohl auch bemerkt, dass sie in der Planung des Fildertunnels die Signalausrüstung mit herkömmlicher Signaltechnik vergessen hat.)

... Alle potentiellen Fahrgäste, die irgendwie konnten, zogen natürlich die Fahrt mit dem Auto vor, Fahrtzeit damals maximal 1,5 Stunden. Dieselbe Trasse wird noch heute befahren, wenn auch zugegeben jetzt Neigezüge unterwegs sind, die sich zwar nicht neigen dürfen, aber immerhin "durchfahren" und den letzten Halt vor Stuttgart in Reutlingen haben, was die Bahnfahrt jetzt auf ca. 1,5 Std. verkürzt. Auf der Straße braucht man heute allerdings (wenn kein Stau ist) maximal noch eine Stunde, weil die B 27 natürlich längst 4spurig ausgebaut worden ist, dafür war immer Geld da im Gegensatz zu Pflege und Ausbau der Bahn-Infrastruktur.
Wie schon oft gesagt: Die Infrastruktur wird ja nicht aus- sondern abgebaut. Ich weiß jetzt auch nicht, auf was du bezüglich der Fahrzeiten hinaus willst. Dass sie Verbindung zum Flughafen verbessert werden muss steht ja auch für die Gegner nicht in Frage, und sie haben ja auch ein Konzept dafür. Im Übrigen sehe ich jetzt aber nicht, wo man durch S21 wesentlich schneller wird, insbesondere wird es ja keine Neubaustrecke nach Tübingen geben.



Zum lieben Geld: auf den ersten Blick sind das tatsächlich Unsummen, die da zur Disposition stehen. Wenn man dann aber die Gedanken mal etwas schweifen läßt, fällt mir zB. die marode Asse ein, wo die Atomlobby es geschafft hat, dem Steuerzahler allein für die Bergung der vor sich hin korrodierenden Fässer gute 6 Mrd. EUR aufzudrücken, und damit ist wohlgemerkt noch nichts ver- bzw. entsorgt, die Fässer stehen dann gerade wieder an der Oberfläche.
Ok, wenn man S21 nun schon mit Asse vergleichen muss, um seine Wirtschaftlichkeit zu legitimieren, dann hat sich das meiner Meimung nach aber erledigt.



Oder die militärischen Abenteuer, die wir brauchen, um unserer Weltgeltung gerecht zu werden...wenn hingegen dieses Bahnprojekt funktioniert (was ich wie schon gesagt nicht wirklich beurteilen kann), ist es neben der funktionalen Verbesserungen eben auch ein Leuchtturm für unsere Kernkompetenz im Bereich der Planung und Realisierung technischer Großvorhaben. Man denke an die Ausstrahlung des zunächst viel geschmähten Eifelturms in Paris, der Schwebebahn in Wuppertal (ja, das war vor gut 100 Jahren ein mega-Projekt, das wie der Eifelturm auch lediglich für eine Ausstellung gebaut wurde und bis heute hervorragend funktioniert) oder den gleichermaßen anfänglich abgelehnten Stuttgarter Fernsehturm, in seiner bahnbrechenden Bauweise als Stahlbetonmast die Mutter aller modernen Türme von Berlin Alexanderplatz bis Moskau bis sonstwohin...
Die funktionalen Verbesserungen sind nun einmal nicht vorhanden. Und auch darüber hinaus sehe ich jetzt nicht, inwieweit S21 in irgend einer Weise eine Pionierleistung sein soll wie der Eifelturm oder oder Fernsehturm zweifellos welche gewesen sind.

Weder sind die Tunnel etwas besonderes, da hat die kleine Schweiz ganz anderes geleistet, noch ist das 8-gleisige Mini-Bahnhöfle irgendetwas besonderes, im Gegenteil, das identifiziert Stuttgart eher als Kleinstadt (selbst Waiblingen hat schon 7 Bahnsteiggleise) und auch in der Tatsache dass der Bahnhof ein paar Meter unter dem Boden liegt und überdacht ist kann ich nichts besonderes finden.

Vielmehr fürchte ich aber, dass man wegen der knappen Infrastruktur in Stuttgart in Zukunft mit dem Zug häufig in allen möglichen Tunnelröhren feststeckt und im Gegensatz zu oben hat man dabei weder einen Blick aus dem Fenster noch einen Online-Zugang, und das wird sicher nicht den Beifall der Besucher dieser Stadt finden.

(Zu den geologischen Risiken habe ich ja im letzten Beitrag schon Stellun bezogen, dem kann ich nichts hinzufügen.)

Im Übrigen zum zweiten Schlichtungstag: Meiner Meinung nach hat Palmer brilliert, (was macht so ein guter Mann überhaupt bei den Grünen?), und erneut in der Sache klar herausgearbeitet, wie nutzlos die gesamte Planung ist nach heutigem Stand. Bahn-Mann Kefer kam wieder so in die Defensive, dass er erneut versucht hat, die Legitimität des Projekts mangels Sachargumenten auf VGH-Urteile zu stützen, was aber Geißler natürlich gerügt hat.
 
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AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Dann müssen wir also davon ausgehen, daß der begnadete Demagoge Palmer
mehr bahnspezifischen Sachverstand hat als die gesamte DB mitsamt ihrem
Planungsstab, Expertenteam, Simulationssoftware etc. pp. und daß die Bahn
aus Gründen, die wir hier früher oder später auch noch aufklären werden, scharf
darauf ist, eigene Milliarden in einem Projekt zu versenken, das nicht funktionieren
kann und nichts bringen wird als den "Rückbau von Infrastruktur" und Massen von
Fahrgästen, die - abgeschnitten von der Welt - in ansonsten wenig bemerkenswerten
Tunneln festhängen, um - wenn sie Glück haben - irgendwann auf einem
gedeckelten Provinzbahnhöfle zu landen. Wär ich doch besser in Waiblingen ausgestiegen,
da gäbs zwar einen Bahnsteig weniger, dafür wär ich an der frischen Luft, werden sich die
meisten da nachvollziehbar sagen.

Jetzt brauchts nur noch eine schlüssige Erklärung für dieses offensichtlich
paranoide Verhalten der Bahn - vielleicht hilft bei der Suche der Ansatz
"cui bono?" Wem nutzt das Ganze? Außer Palmer und den Grünen? Steckt
die Bahn mit Palmer unter einer Decke? Will sie Schuster gegen Palmer aus-
wechseln? Wir bleiben dran, versprochen...

Übrigens: der Wiener Durchgangsbahnhof, der 2 Kopfbahnhöfe ersetzt, bereits voll im
Bau ist und schon 2012 in Teilen in Betrieb genommen werden soll, bekommt keine 17
(wie unser Stgt-Kopfbahnhof), auch keine 8 (wie Stgt 21) und keine 7 (wie das Waib-
linger Statiönle), sondern - halt Dich fest - ganze FÜNF Bahnsteige.

Die Experten sind sich einig, daß Wien mit diesem neuen Bahnhof von einer Sackgasse
zu einer zentralen Drehscheibe für den Bahnverkehr werden wird.
Ein Politikum ist daraus nicht geworden, die Wiener Bevölkerung steht hinter dem Projekt,
obgleich es dort zurzeit hinreichend staubt, rattert und kracht.

Meine Lieblingsstadt, Genua, die Kapitale Liguriens, bei ähnlicher Einwohnerzahl weit drama-
tischer eingezwängt zwischen den Ausläufern des Apennin und dem mare ligure als unser vergleichsweise beschauliches Stuttgart, leistet sich seit jeher 2 hintereinander geschaltete Durchgangsbahnhöfe, die statione brignole im Osten und die statione principe im Westen.

Kein Zug hat da je konzeptionsbedingt die Fahrtrichtung wechseln müssen, alles
flutscht wie geschmiert, obgleich nicht nur der gesamte Bahnverkehr der italienischen Riviera-
Seite incl. des Durchgangsverkehrs Ri. franz. Riviera mit Abzweig zur piemontesichen Industrie-
metropole Turin, sondern auch der bedeutende Ast nach Mailand und weiter nach Zürich da durchrauscht, darunter ein wesentlich höheres Güterzugaufkommen als in Deutschland üblich. Ausserdem will der größte Hafen des Mittelmeerraums exakt in dieser Enge auch noch an die Schiene angeschlossen sein. Ich kenne beide stationi und werde, wenn ich jetzt im Dezember wieder hin komme, eigens für Dich die Bahnsteige zählen, versprochen!
Bin gespannt, ob Waiblingen gewinnt.
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Dann müssen wir also davon ausgehen, daß der begnadete Demagoge Palmer ...
Hast du dir den Vortrag von Palmer angesehen?

Ich kenne Boris Palmer ansonsten nicht. (Sein Vater, der legandäre Remstal-Rebell und Obstbauexperte Helmut Palmer, der sein Leben lang als tragische Figur gegen Behördenwillkür gekämpft hat, ist mir natürlich ein Begriff gewesen, aber das führte jetzt vom Thema weg.)

Ich möchte aber festhalten, dass ich im Allgemeinen eine sehr gute Antenne für grüne Ideologen und Demagogen habe, aber bei den Vorträgen und Beiträgen von Palmer in dieser Schlichtung habe ich diesen Eindruck überhaupt nicht.


... Palmer mehr bahnspezifischen Sachverstand hat als die gesamte DB mitsamt ihrem Planungsstab, Expertenteam, Simulationssoftware etc. pp.
Der witzige Punkt an der Sache ist doch, dass Palmer nur die von Bahn und Land beauftragen Experten von SMA und Partner zitieren muss, um die relative Nutzlosigkeit von S21 zu belegen. Es sind doch die seitens der Bahn aufgebotenen Experten, die gesagt haben:

SMA 2008 schrieb:
Knapp Dimensionierte Infrastruktur (Eingleisigkeiten, Abzweige, Tiefbahnhof Stuttgart) und weitere Randbedingungen (Durchbindungen, Erhalt der Fahrplanstruktur außerhalb Stuttgarts), Gestaltung des Fahrplans nur in sehr geringem Maße möglich, hohes Stabilitätsrisiko ..., Gesamtsystem nur sehr schwer beherrschbar, Tiefbahnhof bietet nur geringe Pufferkapazität, Angebotsausweitungen in der Zukunft sind nur sehr bedingt realisierbar, Aufgrund der Brisanz der vorliegenden Resultate ist absolutes Stillschweigen erforderlich (2008 ).

... fahrplantechnisch anspruchsvolle Konstruktionen, knapp ausgelegte Infrastruktur, sehr intensive und iterative Abstimmung zwischen der verfügbaren Infrastruktur und dem gewünschten Angebot (2010)
Im Übrigen werden die Gegener ja auch längst professionell beraten von Vieregg Rössler GmbH.



und daß die Bahn aus Gründen, die wir hier früher oder später auch noch aufklären werden, scharf darauf ist, eigene Milliarden in einem Projekt zu versenken, das nicht funktionieren kann und nichts bringen wird als den "Rückbau von Infrastruktur" und Massen von Fahrgästen, die - abgeschnitten von der Welt - in ansonsten wenig bemerkenswerten Tunneln festhängen, um - wenn sie Glück haben - irgendwann auf einem gedeckelten Provinzbahnhöfle zu landen. Wär ich doch besser in Waiblingen ausgestiegen, da gäbs zwar einen Bahnsteig weniger, dafür wär ich an der frischen Luft, werden sich die meisten da nachvollziehbar sagen.
Mit dem letzten Satz fängst du an, in Polemik abzugleiten, was sich im Folgenden dann zunehmend steigert, insoweit werde ich aber nicht mehr drauf eingehen. ;) Weiter:
Jetzt brauchts nur noch eine schlüssige Erklärung für dieses offensichtlich paranoide Verhalten der Bahn - vielleicht hilft bei der Suche der Ansatz "cui bono?" Wem nutzt das Ganze? Außer Palmer und den Grünen? Steckt die Bahn mit Palmer unter einer Decke? Will sie Schuster gegen Palmer auswechseln?
So schwierig ist das nicht: An Stelle der Bahn würde ich das Projekt auch verfechten, die hätte bei einem Ausstieg erstmal enorme Nachteile:

1. Hat die Bahn 2001 wie aus dem Nichts von der Stadt Stuttgart 459 Mio. einkassiert für den Verkauf der oberirdischen Gleisgrundstücke und dieses Geld garantiert längst verfrühstückt (möchte nicht wissen, wieviele Boni aus diesem "Gewinn" mitfinanziert wurden).

Leider (für die Bahn) enthält aber dieser Vertrag eine Ausstiegsklausel, denn 2001 galt das Projekt noch nicht als sicher, und diese Ausstiegsklausel besagt, dass die Bahn, im Fall eines Wegfalls von S21 die 459 Mio plus 5,5% Zins plus Zinseszins wieder zurückzahlen muss, da kommen 800 Mio zusammen.

Die Stadt Stuttgart kann auf das Einkassieren dieser Zinsen auch nicht verzichten, denn sie hat den Kauf der Grundstücke selber auch kreditfinanziert, zahlt hier also bald 10 Jahre Zinsen für Grundstücke, auf denen die Züge der Bahn fahren. (Ob die Bahn wenigstens Miete zahlt weiß ich nicht, vermutlich aber nicht, habe davon noch nichts gelesen.)

2. Der Kopfbahnhof ist zwar noch nicht hoch akut aber dafür umso umfassender sanierungsbedürftig. Und da rede ich jetzt nicht von dem Gebäude, es geht um das gesamte Gleisvorfeld mit den Überwerfungsbauwerken, da kommen auch enorme Summen zusammen, und per se wäre die Instandhaltung ihrer Gleise erstmal Aufgabe der Bahn, da gäbe es keine Zuschüsse, und da sind wir bei Punkt 3:

3. Die Bahn zahlt ja von S21 nur einen kleinen Anteil, der Löwenanteil sind Zuschüsse.

Also: Wäre ich die Bahn, würde ich S21 mit Zähnen und Klauen verteidigen, denn es bringt einen warmen Geldregen. Das Wohl der Fahrgäste hat die Bahn nach allen Erfahrungen bekanntlich noch nie ernstlich interessiert.

Nun hat die Bahn natürlich eine komfortable Position: Juristisch ist das Ding durch, und damit hat die Bahn die Trümpfe in der Hand. Wenn nun die Politik einen Ausstieg wollen würde - entweder jetzt nach der Schlichtung oder nach der Wahl in 145 Tagen - dann wird sich die Bahn einem Ausstieg sicher nicht verschließen, aber sie wird sich dabei unter dem Strich nicht schlechter stellen lassen als sie heute steht. Das bedeutet, sie wird die 800 Mio für die Grundstücke wegverhandeln, und sie wird sich Zuschüsse herausholen für die Sanierung des Kopfbahnhofes.

Das ist aber kein Problem, denn bei Wegfall von S21 muss ja die bestehende Infrastruktur anderweitig ausgebaut werden (K21), und unter dem Strich wird das Ganze noch immer besser und billiger werden.


Den Rest deines Beitrages kann man dank rückläufiger Qualität recht schnell beantworten:
Übrigens: der Wiener Durchgangsbahnhof, der 2 Kopfbahnhöfe ersetzt, bereits voll im Bau ist und schon 2012 in Teilen in Betrieb genommen werden soll, bekommt keine 17 (wie unser Stgt-Kopfbahnhof), auch keine 8 (wie Stgt 21) und keine 7 (wie das Waiblinger Statiönle), sondern - halt Dich fest - ganze FÜNF Bahnsteige.
Erstens solltest du dich vielleicht mal vertraut machen mit den Begriffen "Bahnsteig" und "Bahnsteiggleis". Der neue Südbahnhof Wien bekommt wie du sagst 5 Bahnsteige, an diesen Bahnsteigen gibt es aber logischerweise nicht "FÜNF" sondern ZEHN Bahnsteiggleise.

Und auch wenn sich der umgebaute Südbahnhof künftig "Hauptbahnhof" nennt, ist er de facto auch weiterhin trotz seiner 10 Gleise nur einer von mehreren Hauptbahnhöfen in Wien. Der Westbahnhof ist ebenfalls ein Kopfbahnhof mit (selber gezählt) in etwa 12 Gleisen, und auch der wird umgebaut und bleibt dabei ein Kopfbahnhof.

In Stuttgart ist es nun einmal anders, da bildet der HBf einen zentralen Knotenpunkt, er ist die Mitte eines sternförmigen Systems, das sich zuerst in drei Hauptrichtungen und je weiter man nach draußen kommt in immer mehr Himmelsrichtungen verzweigt. Jeder Größenvergleich mit Städten, die in der (eher traurigen) Lage sind, de facto mehrere HBfs zu haben, ist unsinnig, und auch der neue Flughafenbahnhof nimmt eine solche Rolle eindeutig NICHT ein.

Zweitens: Kuck dir mal den heutigen Wiener Südbahnhof an, damit ist alles gesagt, ein solches Konstrukt wäre uns hier in Stuttgart niemals untergekommen, dass man das umbauen muss ist ja wohl klar. Wenn ich das aus dem Gleisplan richtig sehe, dann können da Züge die aus Südosten in den Bahnhof kommen nur nach Südosten wieder raus fahren, das selbe gilt analog für Züge aus Südwesten, es sei denn, sie wechseln mindestens zwei Mal die Fahrtrichtung.

Also bitte, etwas mehr Nivaeu als solche Äpfel-Orangen-Vergleiche.


Auch der Sinn deiner Ausflüge nach Italien in diesem Zusammenhang erschließt sich mir hier jetzt nicht, aber von mir aus: :cool:
... mit Abzweig zur piemontesichen Industriemetropole Turin ...
ja, geh mal nachschauen, ich kann dir aber jetzt schon sagen, was du da findest:

Stazione di Torino Porta Nuova ist TATA! - ein 20-gleisiger Kopfbahnhof. :D:D:D


Und weil es gerade so Spaß macht: :cool:
sondern auch der bedeutende Ast nach Mailand
Milano Porta Garibaldi: 20 gleisiger Kopfbahnhof. Zusätzlich: Stazione di Milano Centrale: 24-gleisiger Kopfbahnhof.

Jetzt wird's mir aber langweilig.
 
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AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Langweilig wirds Dir? Du verträgst wohl keine gesetzlichen Feiertage?
Ich hoffe, daß es nur daran liegt und nicht an meinen schwachen Argu-
menten; was kann denn ich dafür, dass sich sonst niemand an DEINEM
Thread beteiligt? Da strampelt man sich ab, versucht mühsam, Deine
Schöpfung am Leben zu halten und das ist der Dank ;( !

Nein, ich schreib nie mehr nix!

Deshalb nur ganz ausnahmsweise, weil ichs nicht lassen kann und immer
das letzte Wort haben muss, eine klitzekleine Replik mässiger Qualität:
Turin und Mailand sind Flächenstädte. Daß man denen im 19. Jhdt., als
das insgesamt Mode war, Kopfbahnhöfe verpaßt hat, lag (der Mode wegen)
nahe. Genua ist genau wie Stuttgart (drum fahr ich so gern hin) eingekesselt,
eingepfercht, eingehegt - warum nur hat man Genua nicht ringsum mit Kopf-
bahnhöfen zugestopft? Die Stuttgarter waren eben schon damals klüger
und wollen deshalb heute völlig zu Recht "oben bleiben".

Jetzt merk ich, daß mir schon wieder der Pinsel ausgerutscht ist - ich hoffe,
Du fängst das wieder ein.
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Tschuldigung, bin ja für deine Beiträge dankbar, nur die Polemik hat mich etwas gestört.
 
AW: Stuttgart 21 - Pro und Contra in der Sache, Schlichtung, Dilemma und Optionen

Hallo,

bekommen B90/Die Grünen eigentlich bei VR schon Mengenrabatt ?

VIEREGG-RÖSSLER GmbH Innovative Verkehrsberatung -


Gypsy

Ohne hier zur Diskussion etwas beitragen zu können, aber der Zitierte Punkt ist "nett". Die sind auch anscheinend der "Haus und Hof" Gutachter für alle "dagegen" Parteien, jedenfall legen das die bisherigen Aufträge so dar.

Aber das ist ja das alte Spiel: Pei "Pro" Gutachten für Konzerne hat immer die Lobby die Hände im Spiel, bei den "Contra" Gutachten machen das immer die wahrheitsliebenden, ideologischen, verlässlichen Gutachter :D.

Die Wahrheit liegt wohl immer irgendwo dazwischen.
 
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