AW: Nur 'n paar Fotos...
Hallo lieber Gypsy,
ich will gerne versuchen, etwas zur Klärung beizutragen
.
So neu ist diese Regelung übrigens gar nicht, sie ist uns jetzt nur dadurch "präsenter", weil feste Termine in die Nähe rücken. So etwas wirkt immer "bedrohlich".
Zunächst einmal eine Entwarnung: Tatsächlich dürfen Reifen ohne S-Kennzeichnung (S wie
silent oder
Sound) ab Herbst 2009 nicht mehr VERKAUFT werden. GEFAHREN werden dürfen sie aber weiterhin. Wer also 30 Minuten vor Inkraftreten der Frist noch schnell Reifen ohne S-Kennzeichnung kauft, darf diese selbstverständlich fahren, bis sie ihrerseits verschlissen sind.
Tatsache ist:
1. Reifengeräusch-Grenzwerte wurde von der EU bereits 2001 vorgestellt und ab 2003 festgeschrieben (was aber keiner gemerkt hat, weil es bisher nicht mit Fristen für den Handel und den Endverbraucher verbunden war).
2. Heute dürfen 6 moderne Pkw zusammen nur den Schallpegel eines einzelenen Pkw von 1980 erzeugen!
3. Verkehrslärm wird je zur Hälfte vom Antriebsgeräusch (Motor/Getriebe) und vom kombinierten Reifen/Fahrbahn-Geräusch bestimmt.
4. Reifen für Neufahrzeuge müssen bereits seit Februar 2005 diese Grenzwerte einhalten. De facto haben wir diese S-Reifen also längst. Das mit der S-Kennung ist der Industrie somit schon längere Zeit bekannt und die meisten Reifen entsprechen dieser Richtlinie bereits - bei den großen Herstellern ist das "S" wie gesagt schon seit 2005 auf den Reifen.
5. Die Grenzwerte der Richtlinie sind für moderne Reifen jedoch wenig anspruchsvoll.
Messungen haben gezeigt, dass aktuelle Reifen kein Problem bei der Einhaltung der
Grenzwerte haben. Im Mittel liegen die Geräuschemissionen 3 bis 6 dB(A) unterhalb der Grenzwerte. Die Grenzwerte werden daher bei Pkw und Nutzfahrzeugen
keinerlei Minderungen der Geräuschemission zur Folge haben (sogar das Gegenteil
könnte bei großzügiger Auslegung nach oben der Fall sein. Es ist deutlich zu erkennen, dass der Mittelwert aller Reifenkollektive den Geräuschgrenzwert
des Umweltzeichens von 72 dB(A) nicht überschreitet. Der Geräuschgrenzwert
kann von ca. 60 % der am Markt befindlichen Reifen eingehalten werden.
6. Um spürbare Minderungseffekte zu erzielen, müssten die Grenzwerte sowohl für Pkw
als auch für Nutzfahrzeuge deutlicher als in ECE R-117 gefordert abgesenkt werden. das aber ist Zukunftsmusik.
Ich würde erst mal abwarten, denn für uns Endkunden ändert sich praktisch nichts. Natürlich könnten die Reifenhersteller "Flüsterreifen" auf den Markt bringen, das hätte aber nach heutigem Stand der Technik ernsthafte Konsequenzen: Drastisch leisere Reifen müssten konstruktiv derart anders konzipiert werden, dass dies beim Kompromiss- und Zielkonflikt-Produkt Reifen automatisch zu Nachteilen bei Nässeeigenschaften (Nassbremsen!), im Handling, im Verschleiß und im Rollwiderstand nach sich zöge. Das hieße also, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.
Wenn wir übrigens vom Reifengeräusch sprechen, ist damit immer das Reifen-Fahrbahn-Geräusch gemeint. Je nach Fahrbahnbelag kann ein Reifen sehr leise oder unangenehm laut abrollen. Die verantwortlichen Straßenbelagentwickler stehlen sich hier etwas aus der Verantwortung. Leider ist auch wahr: Zwar gibt es längst wirklich leise Fahrbahnbeläge (so genannter Flüster-Asphalt), doch diesen flächendeckend einzuführen, wäre finanziell untragbar...
Also: Stichtag locker abwarten und cool bleiben. Niemand muss jetzt zum Reifenhändler rennen und neue Pneus ordern.
Gruß
Dirk