Hallo
Ich habe mich tatsächlich irreführend ausgedrückt. Mittelbar stimmt es aber trotzdem, denn ein "falsch" operierendes N75, das die Ladedruckregelung nicht innerhalb seines Regelspektrums beeinflusst, löst in der Folgekette über andere Stellgrößen einen Notlauf aus.
Muss aber gestehen, hatte Dein
auch anderst bzw. das hörig überlesen.
Aber zurück zum Thema.
Was ist das N75 überhaupt und was ist dessen Funktion ?
Das N75 ist nicht anderes, als ein Ventil das Unterdruck an den Turbo durchreicht oder nicht.
Was es zusätzlich kann, es kann den Durchfluss bzw. Druchflussmenge regulieren. Dies aber sehr rudimentär und ohne Stellgliedrückmeldung.
Sieht man auch dran, dass das Teil nur mit zwei Adern angesteuert wird.
Weiter hat es drei Zugänge:
- Vakuum Eingang von der Vakuumpumpe (heller kleiner Anschluss, Bezeichung VAC)
- Vakuum Ausgang zum Turbo bzw. VTG-Unterdruckdose (heller dicker Anschluss, Bezeichnung OUT)
- Belüftung des Ventils über den kleinen Luftfilter, sonst könnte das Ventil nicht so schnell regeln (schwarzer Anschluss, Bezeichnung ATM)
Das war's. Also doch nen ziemlich simples und dummes Bauteil. (Funktion eines einfachen Wasserhahnes)
Was sagt uns nun der P0299 ?
Es liegt eine Unterschreitung der erwarteten bzw. benötigten Luftmenge vor, sprich zu wenig Ladedruck.
Jetzt versuchen wir mal einen Kausalzusammenhang mit dem N75 herzustellen.
Wenn das N75 verantwortlich für einen P0299 sein soll, müssen folgende Gründe vorliegen:
(Und ich beziehe mich jetzt nur auf das N75, alle anderen Faktoren blende ich aus)
Eine Unterschreitung des Ladedrucks kann aus Sicht des N75 nur dann stattfinden, wenn kein oder zuwenig Unterdruck an der Unterdruckdose des Turbos ankommt.
Sprich das N75:
- lässt keinen Unterdruck zum Turbo zu, da mechanisch defekt
- lässt zu wenig Unterdruck zum Turbo zu, da mechanisch defekt
- ist undicht und es kann sich kein Unterdruck zum Turbo aufbauen, auch mechanisch defekt
- keine elektrische Ansteuerung möglich
Die oberen 3 Punkte lassen sich relativ schnell und simpel mittels Unterdruck-Manometer ausmessen. Teils reicht schon an dem Ding zu nuckeln oder leicht reinzupusten.
Am besten ein passendes Stückchen Schlauch verwenden. In einen hellen Zugang vorsichtig pusten, den anderen zu halten und am schwarzen sollte nichts rauskommen und wenn
dann nur sehr wenig und mit sehr viel mehr Pustekraft.
Das elektrische lässt sich per Strom auf den Anschluss und pusten oder saugen, feststellen.
Mehr kann man ja aus Sicht des N75 nicht tun. Oder es eben mal auf Verdacht tauschen.
Da aber ein P0299 ein viel komplexeres Gebilde ist, darf man sich nicht nur auf einen Faktor beschränken.
Auch wenn vielleicht ein Tausch des N75 durch ein anderes Besserung bringt, wird es in den seltesten Fällen ursächlich sein.
Das MSG ist ja auch nur ein relativ dummes Teil, dass nach Kennfeldern entscheidet, was es tut oder eben nicht.
Ist die Kennfeldschwelle zum Notlauf da, dann Notlauf, wenn nein, dann nein.
Wenn nun durch den Einsatz des einen N75 die Schwelle überschritten wird und des anderen N75 eben nicht, muss das N75 nicht ursächlich sein.
Es verschieben sich durch Toleranzen die Messwerte. Mehr nicht. Natürlich immer unter der Annahme das N75 funktioniert und die Ansteuerung ist nicht
durch Kabelbruch oder ähnliches gestört.
So kommt man halt wieder zu der Erkenntnis, dass man die anderen Faktoren des P02999, sprich einer Unterschreitung der erwarteten Ladeluftmenge,
besondere Beachtung schenken muss.
Was heisst das nun ?
Das MSG erwartet, dass mehr Luft in die Zylinder gepresst wird, als tatsächlich in den Zylindern ankommt.
Da haben wir zwei Faktoren, die dafür ursächlich sein können:
- sensorische Fehler bzw. Störungen
- mechanische Fehler bzw. Störungen
Zu den sensorischen zähle ich mal Störungen bzw. nicht korrekte Messwerte im Bereich:
- LMM
- Ladedrucksensor
- Temperatursensoren für Ansaugluft (im LMM bzw. LDS) und Umgebung
- Temperatursensoren Kühlmittel
- Temperatursensoren Kraftstoff
- Temperatursensoren Abgas
- Regelklappe bzw. dessen Stellgliedrückmeldung
- AGR-Ventil bzw. dessen Stellgliedrückmeldung
- Differenzdrucksensor, obwohl der bei einem P0299 nur sekundär sein kann
(mehr kommt mir grad nicht in den Sinn)
Zu den mechanischen Faktoren:
- Turbo: allgemeiner Zustand, Dichtigkeit, sowie VTG und deren Gängigkeit
- Unterdrucksystem: Dichtigkeit, Funktion der Regelventile, Rückschlagventile und Unterdruckversorgung
- Tandempumpe: ausreichend Kraftstoffdruck und ausreichend Unterdruck
- Ladedrucksystem: Dichtigkeit
- Abgassystem mit Abgaskrümmer, (Turbo), DPF, Auspuffanlage: Dichtigkeit und entsprechende Freigängigkeit bzw. Gegendruck (ggf. Differenzdruck)
- elektrische Versorgung der Sensoren: korrodierte Stecker, Kabelbrüche u. dgl.
- Ventiltrieb mit Nockenwelle und Hydrostösseln: Verschleiss
- PDE: korrekte Funktion, Dichtigekeit und passende Fördermengen
- Kraftstoffversorgung: korrekte Funktion Tankförderpumpe, Kraftstofffilter, Dichtigkeit
- AGR: korrekte Funktion und Freigängigkeit
- Regelklappe: korrekte Funktion und Freigängigkeit
(Aufzählung nicht abschliessend und nicht nach Relevanz sortiert.)
Ich behaupte mal vorsichtig, dass wir auf der sensorischen Seite, mittels VCDS, ggf. Multimeter oder Oszilloskop fast alles überprüfen können
und deren Plausibilät abschätzen und bestätigen können.
Auf der mechanischen Seite, hilft uns teils VCDS mit den Sensordaten, sonst halt klassisches Schrauberhandwerk.
Zerlegen, Überprüfen / Messen, ggf. Reparieren / Ersetzen und wieder zusammenbauen.
So schon wieder geschreiben und geschrieben - wo wollte ich hin.
Es sind sehr viele Faktoren, die einen P0299 beeinfluss können und man sollte alle in Betracht ziehen.
Als kleines Beispiel, auch sowas kann für einen P0299 ursächlich sein:
gequetschte Dichtung am Turboladerausgang Richtung LLK
Gruss
Prof