Parasol
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Hallo zusammen,
ich habe mal für einen Ratgeber etwas zum Thema Aquaplaning geschrieben und wollte Euch das nicht vorenthalten. Vielleicht kann der eine oder andere einen Tipp für sich daraus ziehen.
Da dies ein Copyright-Text ist, bitte nur zur privaten Nutzung.
LG
Dirk
Aquaplaning – die unterschätzte Gefahr
von Dirk Vincken Ⓒ 2018
Viele Autofahrer trifft das Phänomen des Aquaplanings völlig unvorbereitet. Was genau passiert dabei physikalisch, wenn die Reifen den Kontakt zur Fahrbahn völlig verlieren? Und wie kann der Autofahrer die höchst gefährliche Situation erkennen und meistern?
Physik des Aufschwimmens
Viele Autofahrer trifft das Phänomen des Aquaplanings völlig unvorbereitet. Was genau passiert dabei physikalisch, wenn die Reifen bei Nässe den Kontakt zur Fahrbahn völlig verlieren? Wenn bei stärkerem Regen der Asphalt der Fahrbahn das Wasser nicht mehr vollständig aufnehmen kann, bildet sich ein stehender Wasserfilm. Dieser Wasserfilm schiebt sich dann ab einer bestimmten Aufschwimmgeschwindigkeit mit Macht wie ein Keil zwischen Reifen und Straße. Es entsteht regelrecht eine Bugwelle, das Wasser kann nicht mehr schnell genug abfließen und die Reifen der Vorderachse schwimmen auf. Hunderte von Kilogramm werden in diesem Moment regelrecht in die Luft gehoben – kein angenehmer Gedanke. Damit nicht genug: In diesem Moment lassen sich keinerlei Lenk- oder Bremskräfte mehr übertragen, weil die Reifen den Kontakt zur Straße komplett verloren haben und somit kein Kraftschluss mehr möglich ist.
Ob und wann die Reifen aufschwimmen, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Wasserhöhe auf der Straße
- Rauigkeit der Straßenoberfläche
- Fahrgeschwindigkeit
- Reifenprofiltiefe
- Reifendruck
- Reifenprofilgestaltung
- Reifenbreite
- Reifenlast
Neben der Geschwindigkeit ist der dominante Einfluss des Reifens also sehr deutlich: Vor allem mit zu geringer Profiltiefe, aber auch mit zu geringem Reifendruck nimmt die Gefahr des Aufschwimmens markant zu.
Von entscheidender Bedeutung: der Reifen-Einfluss
Die Profiltiefe (Neureifen: rund 8 mm) und die ausgeklügelte Gestaltung der Kanäle und Rillen im Profil bestimmt, wie viel Liter Wasser die Reifenaufstandsfläche mit jeder Radumdrehung aufnehmen und so schnell wie möglich zur Seite und nach hinten ableiten kann. Dies können bei Neureifen pro Sekunde bis zu fünfzehn Liter und mehr sein. Sofort wird klar, dass abgefahrene Reifen im Nachteil sind. Klar auch, dass die lächerlich geringen, aber immer noch gesetzlich zulässigen 1,6 mm Restprofiltiefe kaum noch Wasser aufnehmen können – der Reifen schwimmt deutlich früher auf. Mit diesem Minimalprofil ist Aquaplaning sogar in der Stadt möglich, z.B. im deformierten, Pfützen bildenden Bremsbereich vor Ampeln. Der denkbar ungünstigste Fall bei Regenfahrten lautet also:
- zu schnell unterwegs (kritische Aufschwimmgeschwindigkeit)
- abgefahrene Reifen (Profil kann nicht ausreichend Wasser aufnehmen)
- zu niedriger Reifendruck (Reifenprofil ungünstig deformiert)
- zu glatte Fahrbahndecke (nimmt nicht genügend Wasser auf)
- zu geringe Straßenneigung (leitet Wasser nicht schnell genug ab)
Unterschied zwischen Wasserglätte und Aquaplaning
Das Tückische an Aquaplaning ist, dass es für den Fahrer schlagartig geschieht. Deshalb lässt es sich auch nicht mit dem klassischen Rutschen auf nasser, verschneiter oder vereister Fahrbahn vergleichen, das sich für den Fahrer meistens ankündigt und nicht völlig überraschend kommt – die „Dramatik“ erfolgt deutlich langsamer und kann oft genug beherrscht werden, indem der Fahrer das Gas wegnimmt oder ESP die Sache ins Lot bringt. Während Wasserglätte also ein Merkmal der Fahrbahn ist, ist Aquaplaning eher ein Fahrzustand, der beim Zusammentreffen mehrerer Faktoren auftritt. Zugegeben: Diese Begrifflichkeiten sind nicht immer einfach zu verstehen. Generell gilt aber: Reifen haften auf nasser Fahrbahn grundsätzlich schlechter (etwa 30 bis 40%) als auf trockener Piste. Das heißt, das Fahrzeug bremst länger und bricht in Kurven früher aus.
Tipp Der alte Slogan „Straße nass – Fuß vom Gas“ hat also von seiner Bedeutung nichts verloren.
Warum Reifen haften und nasse Straßen immer riskanter sind als trockene
Aus der Physik kennen wir, dass die Haftreibung größer ist als die anschließende Gleitreibung. Auch wissen wir, dass die Haftreibung nie größer werden kann als der Bodendruck – der so genannte Kraftschluss oder auch Reibbeiwert kann den Wert 1 nicht übersteigen. Oder doch? Bei Formel-1-Reifen steigt dieser Wert bis auf 1,3. Wie ist das möglich? Das liegt daran, dass sich Gummireibung von der klassischen „Coulomb’schen“ Reibung deutlich unterscheidet. Denn Gummi ist visko-elastisch, also weder starr noch rein elastisch.
Gummireibung und somit Reifenhaftung ist tatsächlich sehr komplex, sie wird im Wesentlichen durch zwei Mechanismen erklärt, nämlich zum Einen die Adhäsionsreibung (auch zutreffend Verzahnungseffekt genannt), sie bezeichnet das Entstehen und Aufbrechen von molekularen Verbindungen zwischen Reifen und Untergrund.
Bei der Hysteresereibung geht es um die Dämpfungseigenschaften des Gummis und den Energieverlust in Form von Wärme bei der zyklischen (= einmal pro Radumdrehung) Verformung der Gummiblöcke beim Einlaufen in die Bodenauftandsfläche.
Wichtig zu wissen ist, dass beide Phänomene die Kraftübertragung in Längs- und Querrichtung auf der Ebene der Straßenoberfläche ermöglichen.
Zur Verdeutlichung ein einfaches Beispiel: Werfen wir eine Billardkuegll gegen die Wand, prallt diese mit derselben Geschwindigkeit zurück. Eine Kugel Butter macht das nicht, sie verformt sich und bleibt hängen. Das erklärt den Unterschied zwischen elastisch (Billardkugel) und plastisch (Butter). Bei der Reifenlauffläche aus Gummi muss es gerade umgekehrt sein: Gegen langsame Verformungen soll sie elastisch sein, bei rasch ablaufenden Vorgängen soll sie sehr stark dämpfen. Je besser nun die Gummimischung dämpft – umso besser ist der Fahrbahnkontakt, auch wenn der Reifen rutscht.
Noch einmal zum vulkanisierten Reifengummi, einem tatsächlich hoch komplexen Werkstoff. Er besteht aus zahllosen fadenförmigen Molekülketten, die ineinander verknäult sind oder auch locker und beweglich sind, sich untereinander abstützen oder aneinander abgleiten können. Die oben beschriebenen beiden Reibungsmechanismen funktionieren aber nurauf rauen Oberflächen wie z.B. zwischen Reifen und Straßenasphalt. Die einzelnen Gummiblöcke des Reifenprofils werden dabei beim Abrollen auf der Straße von den „Bergspitzen“ des unter dem Mikroskop sehr rauen Asphalts verformt: Sie werden gestaucht, gelängt und verbogen, kehren dann – mit zeitlicher Verzögerung – in ihre Ursprungsform zurück. Besonderes Merkmal ist, dass die Verformung der Blöcke der sie verursachenden Kraft zeitlich verzögert nachfolgt. Dieses Phänomen nennen die Physiker Hysterese. Bei Gummi ist diese Hysterese sehr ausgeprägt, sie entsteht also bei der verlustreichen Verformung der einzelnen Gummiblöcke. Zudem entsteht dabei Wärme.
Gleichzeitig ist Gummi ein visko-elastischer Stoff – das heißt, er ist weder fest (Stahl) noch flüssig (Öl), kann aber je nach Temperatur und von außen anregender Frequenz mal die eine, mal die andere Eigenschaft annehmen.
Während der Verzahnungseffekt auf rauer nasser Straßenoberfläche immer wirksam ist, versagt die Hysteresereibung mit zunehmender Wasserfilmhöhe immer mehr. Deshalb erreicht auch der beste Reifen auf nasser Straße nie das Haftungs-Potenzial wie auf trockener Straße.
Wasseraufnahme im Reifenprofil und Kanalisation
Wie oben beschrieben, sind auf regennasser Straße die Haftungsmechanismen grundsätzlich gestört, der Kraftschluss ist um mindestens ein Drittel reduziert. Dieser so „geschwächte“ Reifen muss nun bei schneller Regenfahrt zusätzlich eine enorme Menge Wasser in sich aufnehmen und vor sich herschieben. Der Druck im so genannten „Schwallgebiet“ steigt kontinuierlich an, wir sprechen vom hydro-dynamischen Druck. Nun wird es interessant: Wenn dieser Druck höhere Werte annimmt als der Druck des Reifens senkrecht auf die Straße (bei Pkw: rund 2 bar, Lkw: 8 bar) ausübt, kann der Reifen das Wasser nicht mehr verdrängen und schwimmt schließlich auf – Aquaplaning! Dies erklärt, warum es so wichtig ist, mindestens mit dem ab Werk empfohlenen Reifendruck zu fahren. Minderdruck hingegen senkt die kritische Aufschwimm-Geschwindigkeit!
Tipp In länger andauernden Regenphasen den Reifenfülldruck maßvoll (Pkw: 0,2 bar) erhöhen. Dabei auch gleich die Profiltiefe kontrollieren. Allgemein gilt, dass bei Sommerreifen mit nur noch 3 mm (Winterreifen: 4 mm) die Nässehaftung deutlich ab- und die Aquaplaninggefahr zunimmt!
Konstruktive Maßnahmen – und deren Grenzen
Damit ein moderner Reifen erst sehr spät aufschwimmt, muss er also sehr viel Wasser schlucken können. Die runde Gestalt des Reifens, seine Profileinschnitte und seine Lamellen verdrängen das Wasser schwallförmig nach vorne, nach hinten und zu den Seiten. Das noch unterhalb der Kontaktfläche verbleibende Wasser wird in die Profilstruktur aufgenommen, kanalisiert und teilweise sogar deponiert. Verständlicherweise vermag eine eher runde Kontaktfläche das Wasser eher zu durchpflügen als eine rechteckige. Diesen Effekt macht sich jedes Schiff zu Nutze, wir sprechen daher vom „Bug-Effekt“.
Mit entsprechend vielen und breiten Rillen und Kanälen sowie angepasster Reifenkontur wäre also eine maximale Drainage für den findigen Reifenkonstrukteur eine leichte Aufgabe. Das Problem: Ein guter Reifen ist immer die Summe seiner ausgewogenen Eigenschaften. Eine bestimmte Eigenschaft bevorzugt zu optimieren, bedeutet immer, eine oder meist mehrere andere deutlich zu vernachlässigen. Ein rein Aquaplaning-optimierter Reifen mit sehr hohem Negativ-Profil-Anteil würde sehr wahrscheinlich sehr mäßige Kurven- und auch Bremseigenschaften an den Tag legen. Die Kunst besteht vielmehr darin, das Niveau insgesamt anzuheben. Und: Ob ein Reifen aufschwimmt oder nicht – darüber bestimmt auch heute noch der rechte Fuß des Fahrers.
Breitreifen lieber nicht bei Nässe?
Breitreifen stehen bis heute unter dem Verdacht, bei Aquaplaning und generell bei Nässe benachteiligt zu sein. Richtig ist: Je schmaler der Reifen, desto kleiner der Volumenstrom, der durch das Reifenprofil gepresst werden muss und desto höher die kritsche Aufschwimmgeschwindigkeit. Also stimmt die althergebrachte Meinung? Tatsache ist, dass heutige ausgefeilte Profilstrukuren und ausgewogene Bodendruckverteilungen auch und gerade bei Breitreifen dazu geführt haben, dass die üppigeren Formate den schmaleren gegenüber kaum oder gar nicht benachteiligt sind. So ist ein aktueller Marken-Breitreifen mit 225 mm Aufstandsbreite in der Lage, bei Tempo 80 und 3 mm Wasserhöhe 15 Liter Wasser pro Sekunde aufzunehmen, während ein nur 150 mm breiter Reifen nur 9 Liter kanalisieren muss. Im Vor-Aquaplaning-Geschwindigkeitsbereich haben Breitreifen durch ihre geringere Flächenpressung(die Radlast verteilt sich auf mehr Fläche auf der Straße) sogar Haftungs-Vorteile. Auf trockenen Fahrbahnen hingegen können breitere Reifen ihre Vorteile (Bremsweg, Kurvengrenzgeschwindigkeit, Handling) gegenüber Schmalreifen sehr viel deutlicher ausspielen.
Lebensretter ESP – bei Aquaplaning hilflos
Zugegeben: Heutige Autos und moderne Reifen lassen meistens hohe Geschwindigkeiten bei Regenfahrten zu. ESP*, ABS, Spurwechselassistent, Airbags und ausgeklügelte Knautschzonen, die niedrige Geräuschkulisse – all das wiegt uns in echter, aber auch trügerischer Sicherheit. Denn die Fähigkeit selbst der besten Reifen, das Wasser von der Fahrbahn in den Kanälen und Rillen in ihrem Profil aufzunehmen und seitlich und nach hinten literweise abzuleiten, ist begrenzt. Das Fatale: Alle erwähnten segensreichen elektronischen Assistenten versagen bei Aquaplaning, denn die Sicherheitskette ist gerissen. Ein entkoppelter Reifen überträgt nicht mehr die rettenden Stabilitäts-Befehle des ESP*, die bei trockener Fahrbahn doch immer so wunderbar funktionieren!
Tipp Ein heftig blinkendes ESP-Symbol im Cockpit (meist symbolisiert durch ein schleuderndes Auto im Dreieck) warnt, dass die Reifen zu viel Schlupf produzieren, also aufschwimmbedingt durchrutschen. Jetzt langsam (nicht schlagartig) das Gas wegnehmen, Lenkrad gut festhalten, nicht lenken, nicht bremsen. Tempo nicht mehr erhöhen.
Ist die Vorderachse erst einmal aufgeschwommen, sind Fahrer und Fahrzeug jetzt bei hohem Tempo Spielball der Kräfte. Die Lenkung reagiert nicht mehr, das ohnmächtige Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts stellt für die meisten Autofahrer eine völlige Überforderung dar. Und eine massive Gefahr, denn in diesem Schwebezustand droht höchstes Unfallrisiko. Wer jetzt bremst oder lenkt und damit das Lenkrad schief stellt, verschlimmert die Situation sogar dramatisch: Wenn die sich im Wasserschwall automatisch selbst abbremsenden Reifen kurze Zeit später wieder Haftung aufbauen können und schlagartig Kräfte in die falsche Richtung übertragen, ist das der ideale Startschuss für heftiges Schleudern. Jetzt ist der Unfall unvermeidbar.
Technische und menschliche Ursachen
Gesunder Menschenverstand und fahrerische Routine lassen viele von uns erkennen, ob wir uns auf nasser Fahrbahn noch im „grünen Bereich“ bewegen oder bald die Grenze überschreiten. Doch Abgelenktheit oder Zeitdruck, aber auch technische Ursachen wie zu geringe Reifenprofiltiefe oder verschlissene Stoßdämpfer können diese Aufschwimmgrenze deutlich nach unten fahren. Auslöser für das Aufschwimmen der Reifen sind oft auch durch den Schwerverkehr ausgefahrene tiefe Spurrinnen. Hier sammeln sich zentimetertiefe Pfützen, die bei deutlich geringerem Tempo als erwartet das gefürchtete Aquaplaning auslösen können.
Wie aber kann ein Autofahrer vermeiden, dass er unfreiwillig zum Verdränger und Schwimmer wird? Es gibt durchaus Warnzeichen, die es nur zu erkennen gilt:
Außerhalb des Fahrzeugs:
- anhaltender Dauerregen oder starke Regenbrüche
- spiegelnde Wasserflächen neben und auf der Fahrbahn
- Sichtbehinderung durch Gischt von vorn
- Fahrbahnsenken, oft vor Anstiegen
- unebener Straßenbelag und geringe oder gar keine Straßenneigung
- Warnschilder (Nässe, Aquaplaning) am Straßenrand
Im Fahrzeug selbst:
- platschende oder schmatzende Geräusche aus dem Bereich der Kotflügel
- Lenkrad wird leichtgängiger
- tanzende Drehzahlmessernadel
- blinkende ESP-Kontrollleuchte im Cockpit
Ruhe bewahren und richtig handeln
Gegen das eigene Gefühl sollte der Autofahrer jetzt auf keinen Fall lenken oder bremsen! Das verschlimmert die Situation nur. Vielmehr heißt es jetzt: Lenkrad mit beiden Händen festhalten und nicht bewegen. Langsam vom Gas gehen (nicht ruckartig), die Kupplung treten und so belassen (bei Automatikfahrzeugen: Stellung N wählen). Gaspedal völlig loslassen, nicht bremsen, nicht lenken, abwarten. In den meisten Fällen geht mit diesen „Tricks“ die Sache glimpflich aus: Die Reifen packen bald wieder, müssen aber keine zusätzlichen Kräfte übertragen. Dann passiert beim „Wiedereintritt“ nichts weiter, nur ein Ruck kündigt davon, dass alles wieder okay ist. Zur Verdeutlichung ein paar Zahlen: Wer bei Tempo 100 aufschwimmt und wenn der Schreck nur drei Sekunden andauert, hat sich das Fahrzeug in dieser Zeit 83 Meter unkontrolliert weiterbewegt – das ist mehr als eine Fußballfeldlänge, die der Autofahrer absolut keine Kontrolle hat über das, was nun geschieht. Bei 140 km/h sind es bereits 120 Meter. Das verdeutlicht die besondere Gefahr des Aquaplanings, weil der Prozess nach dem Aufschwimmen völlig unkontrolliert abläuft.
Gerade weil Aquaplaning so heimtückisch ist, sollte der Autofahrer sich mental auf so eine Ausnahmesituation vorbereiten. Es genügt nicht, in der Theorie zu wissen, wie man richtig reagieren würde.
Tipp Mentales Training heißt das Lösungswort. Das heißt: bei Regenfahrten sich immer wieder vorstellen, der Vorderwagen würde gleich aufschwimmen, gedanklich Kupplung treten, Gas weg nehmen, Lenkrad fest halten, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig – Gefahr vorbei.
Es gibt übrigens keine Grenz-Geschwindigkeit, keine Faustregel, bis zu der man sorglos durch den Regen pflügen kann und oberhalb derer der man automatisch in Gefahr ist. Je nach Reifengüte, Regenstärke, Wasserfilmhöhe auf der Fahrbahn, Fahrzeuggewicht und anderen Faktoren können 130 km/h noch vertretbar sein – oder Tempo 80 schon deutlich zu viel. Die Industrie arbeitet an Aquaplaning-Warnsystemen, doch in naher Zukunft dürfen wir serienreife Geräte nicht erwarten. Bis dahin heißt es, die eigenen Sinne zu sensibilisieren und mit der oft zitierten „angepassten Geschwindigkeit“ zu fahren. Neben der Fahrgeschwindigkeit ist aber aber vor allem die Reifenprofiltiefe von entscheidender Bedeutung: Ideal sind natürlich Neureifen mit ihren acht bis neun Millimetern. Noch einmal zur Verdeutlichung sei gesagt, dass Sommerreifen spätestens bei 3, Winterreifen bereits bei nur noch 4 mm ausgetauscht werden sollten. Die zulässigen 1,6 mm Restprofiltiefe sind im Prinzip undiskutabel und haben nur historische bzw. gesetzliche Bedeutung. Bei Regen sollte man mit solchen Reifen aufs Autofahren bei Nässe besser ganz verzichten.
Aber auch der Reifenfülldruck entscheidet mit über Aufschwimmen oder sicher rollen: Zu niedriger Fülldruck erhöht das Aquaplaningrisiko deutlich, weil die Aufstandsfläche nicht optimal auf der Straßenoberfläche aufliegt. Ideal sind der vom Hersteller empfohlene oder gar ein leicht erhöhter Reifendruck.
LG
Dirk
ich habe mal für einen Ratgeber etwas zum Thema Aquaplaning geschrieben und wollte Euch das nicht vorenthalten. Vielleicht kann der eine oder andere einen Tipp für sich daraus ziehen.
Da dies ein Copyright-Text ist, bitte nur zur privaten Nutzung.
LG
Dirk
Aquaplaning – die unterschätzte Gefahr
von Dirk Vincken Ⓒ 2018
Viele Autofahrer trifft das Phänomen des Aquaplanings völlig unvorbereitet. Was genau passiert dabei physikalisch, wenn die Reifen den Kontakt zur Fahrbahn völlig verlieren? Und wie kann der Autofahrer die höchst gefährliche Situation erkennen und meistern?
Physik des Aufschwimmens
Viele Autofahrer trifft das Phänomen des Aquaplanings völlig unvorbereitet. Was genau passiert dabei physikalisch, wenn die Reifen bei Nässe den Kontakt zur Fahrbahn völlig verlieren? Wenn bei stärkerem Regen der Asphalt der Fahrbahn das Wasser nicht mehr vollständig aufnehmen kann, bildet sich ein stehender Wasserfilm. Dieser Wasserfilm schiebt sich dann ab einer bestimmten Aufschwimmgeschwindigkeit mit Macht wie ein Keil zwischen Reifen und Straße. Es entsteht regelrecht eine Bugwelle, das Wasser kann nicht mehr schnell genug abfließen und die Reifen der Vorderachse schwimmen auf. Hunderte von Kilogramm werden in diesem Moment regelrecht in die Luft gehoben – kein angenehmer Gedanke. Damit nicht genug: In diesem Moment lassen sich keinerlei Lenk- oder Bremskräfte mehr übertragen, weil die Reifen den Kontakt zur Straße komplett verloren haben und somit kein Kraftschluss mehr möglich ist.
Ob und wann die Reifen aufschwimmen, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Wasserhöhe auf der Straße
- Rauigkeit der Straßenoberfläche
- Fahrgeschwindigkeit
- Reifenprofiltiefe
- Reifendruck
- Reifenprofilgestaltung
- Reifenbreite
- Reifenlast
Neben der Geschwindigkeit ist der dominante Einfluss des Reifens also sehr deutlich: Vor allem mit zu geringer Profiltiefe, aber auch mit zu geringem Reifendruck nimmt die Gefahr des Aufschwimmens markant zu.
Von entscheidender Bedeutung: der Reifen-Einfluss
Die Profiltiefe (Neureifen: rund 8 mm) und die ausgeklügelte Gestaltung der Kanäle und Rillen im Profil bestimmt, wie viel Liter Wasser die Reifenaufstandsfläche mit jeder Radumdrehung aufnehmen und so schnell wie möglich zur Seite und nach hinten ableiten kann. Dies können bei Neureifen pro Sekunde bis zu fünfzehn Liter und mehr sein. Sofort wird klar, dass abgefahrene Reifen im Nachteil sind. Klar auch, dass die lächerlich geringen, aber immer noch gesetzlich zulässigen 1,6 mm Restprofiltiefe kaum noch Wasser aufnehmen können – der Reifen schwimmt deutlich früher auf. Mit diesem Minimalprofil ist Aquaplaning sogar in der Stadt möglich, z.B. im deformierten, Pfützen bildenden Bremsbereich vor Ampeln. Der denkbar ungünstigste Fall bei Regenfahrten lautet also:
- zu schnell unterwegs (kritische Aufschwimmgeschwindigkeit)
- abgefahrene Reifen (Profil kann nicht ausreichend Wasser aufnehmen)
- zu niedriger Reifendruck (Reifenprofil ungünstig deformiert)
- zu glatte Fahrbahndecke (nimmt nicht genügend Wasser auf)
- zu geringe Straßenneigung (leitet Wasser nicht schnell genug ab)
Unterschied zwischen Wasserglätte und Aquaplaning
Das Tückische an Aquaplaning ist, dass es für den Fahrer schlagartig geschieht. Deshalb lässt es sich auch nicht mit dem klassischen Rutschen auf nasser, verschneiter oder vereister Fahrbahn vergleichen, das sich für den Fahrer meistens ankündigt und nicht völlig überraschend kommt – die „Dramatik“ erfolgt deutlich langsamer und kann oft genug beherrscht werden, indem der Fahrer das Gas wegnimmt oder ESP die Sache ins Lot bringt. Während Wasserglätte also ein Merkmal der Fahrbahn ist, ist Aquaplaning eher ein Fahrzustand, der beim Zusammentreffen mehrerer Faktoren auftritt. Zugegeben: Diese Begrifflichkeiten sind nicht immer einfach zu verstehen. Generell gilt aber: Reifen haften auf nasser Fahrbahn grundsätzlich schlechter (etwa 30 bis 40%) als auf trockener Piste. Das heißt, das Fahrzeug bremst länger und bricht in Kurven früher aus.
Tipp Der alte Slogan „Straße nass – Fuß vom Gas“ hat also von seiner Bedeutung nichts verloren.
Warum Reifen haften und nasse Straßen immer riskanter sind als trockene
Aus der Physik kennen wir, dass die Haftreibung größer ist als die anschließende Gleitreibung. Auch wissen wir, dass die Haftreibung nie größer werden kann als der Bodendruck – der so genannte Kraftschluss oder auch Reibbeiwert kann den Wert 1 nicht übersteigen. Oder doch? Bei Formel-1-Reifen steigt dieser Wert bis auf 1,3. Wie ist das möglich? Das liegt daran, dass sich Gummireibung von der klassischen „Coulomb’schen“ Reibung deutlich unterscheidet. Denn Gummi ist visko-elastisch, also weder starr noch rein elastisch.
Gummireibung und somit Reifenhaftung ist tatsächlich sehr komplex, sie wird im Wesentlichen durch zwei Mechanismen erklärt, nämlich zum Einen die Adhäsionsreibung (auch zutreffend Verzahnungseffekt genannt), sie bezeichnet das Entstehen und Aufbrechen von molekularen Verbindungen zwischen Reifen und Untergrund.
Bei der Hysteresereibung geht es um die Dämpfungseigenschaften des Gummis und den Energieverlust in Form von Wärme bei der zyklischen (= einmal pro Radumdrehung) Verformung der Gummiblöcke beim Einlaufen in die Bodenauftandsfläche.
Wichtig zu wissen ist, dass beide Phänomene die Kraftübertragung in Längs- und Querrichtung auf der Ebene der Straßenoberfläche ermöglichen.
Zur Verdeutlichung ein einfaches Beispiel: Werfen wir eine Billardkuegll gegen die Wand, prallt diese mit derselben Geschwindigkeit zurück. Eine Kugel Butter macht das nicht, sie verformt sich und bleibt hängen. Das erklärt den Unterschied zwischen elastisch (Billardkugel) und plastisch (Butter). Bei der Reifenlauffläche aus Gummi muss es gerade umgekehrt sein: Gegen langsame Verformungen soll sie elastisch sein, bei rasch ablaufenden Vorgängen soll sie sehr stark dämpfen. Je besser nun die Gummimischung dämpft – umso besser ist der Fahrbahnkontakt, auch wenn der Reifen rutscht.
Noch einmal zum vulkanisierten Reifengummi, einem tatsächlich hoch komplexen Werkstoff. Er besteht aus zahllosen fadenförmigen Molekülketten, die ineinander verknäult sind oder auch locker und beweglich sind, sich untereinander abstützen oder aneinander abgleiten können. Die oben beschriebenen beiden Reibungsmechanismen funktionieren aber nurauf rauen Oberflächen wie z.B. zwischen Reifen und Straßenasphalt. Die einzelnen Gummiblöcke des Reifenprofils werden dabei beim Abrollen auf der Straße von den „Bergspitzen“ des unter dem Mikroskop sehr rauen Asphalts verformt: Sie werden gestaucht, gelängt und verbogen, kehren dann – mit zeitlicher Verzögerung – in ihre Ursprungsform zurück. Besonderes Merkmal ist, dass die Verformung der Blöcke der sie verursachenden Kraft zeitlich verzögert nachfolgt. Dieses Phänomen nennen die Physiker Hysterese. Bei Gummi ist diese Hysterese sehr ausgeprägt, sie entsteht also bei der verlustreichen Verformung der einzelnen Gummiblöcke. Zudem entsteht dabei Wärme.
Gleichzeitig ist Gummi ein visko-elastischer Stoff – das heißt, er ist weder fest (Stahl) noch flüssig (Öl), kann aber je nach Temperatur und von außen anregender Frequenz mal die eine, mal die andere Eigenschaft annehmen.
Während der Verzahnungseffekt auf rauer nasser Straßenoberfläche immer wirksam ist, versagt die Hysteresereibung mit zunehmender Wasserfilmhöhe immer mehr. Deshalb erreicht auch der beste Reifen auf nasser Straße nie das Haftungs-Potenzial wie auf trockener Straße.
Wasseraufnahme im Reifenprofil und Kanalisation
Wie oben beschrieben, sind auf regennasser Straße die Haftungsmechanismen grundsätzlich gestört, der Kraftschluss ist um mindestens ein Drittel reduziert. Dieser so „geschwächte“ Reifen muss nun bei schneller Regenfahrt zusätzlich eine enorme Menge Wasser in sich aufnehmen und vor sich herschieben. Der Druck im so genannten „Schwallgebiet“ steigt kontinuierlich an, wir sprechen vom hydro-dynamischen Druck. Nun wird es interessant: Wenn dieser Druck höhere Werte annimmt als der Druck des Reifens senkrecht auf die Straße (bei Pkw: rund 2 bar, Lkw: 8 bar) ausübt, kann der Reifen das Wasser nicht mehr verdrängen und schwimmt schließlich auf – Aquaplaning! Dies erklärt, warum es so wichtig ist, mindestens mit dem ab Werk empfohlenen Reifendruck zu fahren. Minderdruck hingegen senkt die kritische Aufschwimm-Geschwindigkeit!
Tipp In länger andauernden Regenphasen den Reifenfülldruck maßvoll (Pkw: 0,2 bar) erhöhen. Dabei auch gleich die Profiltiefe kontrollieren. Allgemein gilt, dass bei Sommerreifen mit nur noch 3 mm (Winterreifen: 4 mm) die Nässehaftung deutlich ab- und die Aquaplaninggefahr zunimmt!
Konstruktive Maßnahmen – und deren Grenzen
Damit ein moderner Reifen erst sehr spät aufschwimmt, muss er also sehr viel Wasser schlucken können. Die runde Gestalt des Reifens, seine Profileinschnitte und seine Lamellen verdrängen das Wasser schwallförmig nach vorne, nach hinten und zu den Seiten. Das noch unterhalb der Kontaktfläche verbleibende Wasser wird in die Profilstruktur aufgenommen, kanalisiert und teilweise sogar deponiert. Verständlicherweise vermag eine eher runde Kontaktfläche das Wasser eher zu durchpflügen als eine rechteckige. Diesen Effekt macht sich jedes Schiff zu Nutze, wir sprechen daher vom „Bug-Effekt“.
Mit entsprechend vielen und breiten Rillen und Kanälen sowie angepasster Reifenkontur wäre also eine maximale Drainage für den findigen Reifenkonstrukteur eine leichte Aufgabe. Das Problem: Ein guter Reifen ist immer die Summe seiner ausgewogenen Eigenschaften. Eine bestimmte Eigenschaft bevorzugt zu optimieren, bedeutet immer, eine oder meist mehrere andere deutlich zu vernachlässigen. Ein rein Aquaplaning-optimierter Reifen mit sehr hohem Negativ-Profil-Anteil würde sehr wahrscheinlich sehr mäßige Kurven- und auch Bremseigenschaften an den Tag legen. Die Kunst besteht vielmehr darin, das Niveau insgesamt anzuheben. Und: Ob ein Reifen aufschwimmt oder nicht – darüber bestimmt auch heute noch der rechte Fuß des Fahrers.
Breitreifen lieber nicht bei Nässe?
Breitreifen stehen bis heute unter dem Verdacht, bei Aquaplaning und generell bei Nässe benachteiligt zu sein. Richtig ist: Je schmaler der Reifen, desto kleiner der Volumenstrom, der durch das Reifenprofil gepresst werden muss und desto höher die kritsche Aufschwimmgeschwindigkeit. Also stimmt die althergebrachte Meinung? Tatsache ist, dass heutige ausgefeilte Profilstrukuren und ausgewogene Bodendruckverteilungen auch und gerade bei Breitreifen dazu geführt haben, dass die üppigeren Formate den schmaleren gegenüber kaum oder gar nicht benachteiligt sind. So ist ein aktueller Marken-Breitreifen mit 225 mm Aufstandsbreite in der Lage, bei Tempo 80 und 3 mm Wasserhöhe 15 Liter Wasser pro Sekunde aufzunehmen, während ein nur 150 mm breiter Reifen nur 9 Liter kanalisieren muss. Im Vor-Aquaplaning-Geschwindigkeitsbereich haben Breitreifen durch ihre geringere Flächenpressung(die Radlast verteilt sich auf mehr Fläche auf der Straße) sogar Haftungs-Vorteile. Auf trockenen Fahrbahnen hingegen können breitere Reifen ihre Vorteile (Bremsweg, Kurvengrenzgeschwindigkeit, Handling) gegenüber Schmalreifen sehr viel deutlicher ausspielen.
Lebensretter ESP – bei Aquaplaning hilflos
Zugegeben: Heutige Autos und moderne Reifen lassen meistens hohe Geschwindigkeiten bei Regenfahrten zu. ESP*, ABS, Spurwechselassistent, Airbags und ausgeklügelte Knautschzonen, die niedrige Geräuschkulisse – all das wiegt uns in echter, aber auch trügerischer Sicherheit. Denn die Fähigkeit selbst der besten Reifen, das Wasser von der Fahrbahn in den Kanälen und Rillen in ihrem Profil aufzunehmen und seitlich und nach hinten literweise abzuleiten, ist begrenzt. Das Fatale: Alle erwähnten segensreichen elektronischen Assistenten versagen bei Aquaplaning, denn die Sicherheitskette ist gerissen. Ein entkoppelter Reifen überträgt nicht mehr die rettenden Stabilitäts-Befehle des ESP*, die bei trockener Fahrbahn doch immer so wunderbar funktionieren!
Tipp Ein heftig blinkendes ESP-Symbol im Cockpit (meist symbolisiert durch ein schleuderndes Auto im Dreieck) warnt, dass die Reifen zu viel Schlupf produzieren, also aufschwimmbedingt durchrutschen. Jetzt langsam (nicht schlagartig) das Gas wegnehmen, Lenkrad gut festhalten, nicht lenken, nicht bremsen. Tempo nicht mehr erhöhen.
Ist die Vorderachse erst einmal aufgeschwommen, sind Fahrer und Fahrzeug jetzt bei hohem Tempo Spielball der Kräfte. Die Lenkung reagiert nicht mehr, das ohnmächtige Gefühl der Hilflosigkeit und des Kontrollverlusts stellt für die meisten Autofahrer eine völlige Überforderung dar. Und eine massive Gefahr, denn in diesem Schwebezustand droht höchstes Unfallrisiko. Wer jetzt bremst oder lenkt und damit das Lenkrad schief stellt, verschlimmert die Situation sogar dramatisch: Wenn die sich im Wasserschwall automatisch selbst abbremsenden Reifen kurze Zeit später wieder Haftung aufbauen können und schlagartig Kräfte in die falsche Richtung übertragen, ist das der ideale Startschuss für heftiges Schleudern. Jetzt ist der Unfall unvermeidbar.
Technische und menschliche Ursachen
Gesunder Menschenverstand und fahrerische Routine lassen viele von uns erkennen, ob wir uns auf nasser Fahrbahn noch im „grünen Bereich“ bewegen oder bald die Grenze überschreiten. Doch Abgelenktheit oder Zeitdruck, aber auch technische Ursachen wie zu geringe Reifenprofiltiefe oder verschlissene Stoßdämpfer können diese Aufschwimmgrenze deutlich nach unten fahren. Auslöser für das Aufschwimmen der Reifen sind oft auch durch den Schwerverkehr ausgefahrene tiefe Spurrinnen. Hier sammeln sich zentimetertiefe Pfützen, die bei deutlich geringerem Tempo als erwartet das gefürchtete Aquaplaning auslösen können.
Wie aber kann ein Autofahrer vermeiden, dass er unfreiwillig zum Verdränger und Schwimmer wird? Es gibt durchaus Warnzeichen, die es nur zu erkennen gilt:
Außerhalb des Fahrzeugs:
- anhaltender Dauerregen oder starke Regenbrüche
- spiegelnde Wasserflächen neben und auf der Fahrbahn
- Sichtbehinderung durch Gischt von vorn
- Fahrbahnsenken, oft vor Anstiegen
- unebener Straßenbelag und geringe oder gar keine Straßenneigung
- Warnschilder (Nässe, Aquaplaning) am Straßenrand
Im Fahrzeug selbst:
- platschende oder schmatzende Geräusche aus dem Bereich der Kotflügel
- Lenkrad wird leichtgängiger
- tanzende Drehzahlmessernadel
- blinkende ESP-Kontrollleuchte im Cockpit
Ruhe bewahren und richtig handeln
Gegen das eigene Gefühl sollte der Autofahrer jetzt auf keinen Fall lenken oder bremsen! Das verschlimmert die Situation nur. Vielmehr heißt es jetzt: Lenkrad mit beiden Händen festhalten und nicht bewegen. Langsam vom Gas gehen (nicht ruckartig), die Kupplung treten und so belassen (bei Automatikfahrzeugen: Stellung N wählen). Gaspedal völlig loslassen, nicht bremsen, nicht lenken, abwarten. In den meisten Fällen geht mit diesen „Tricks“ die Sache glimpflich aus: Die Reifen packen bald wieder, müssen aber keine zusätzlichen Kräfte übertragen. Dann passiert beim „Wiedereintritt“ nichts weiter, nur ein Ruck kündigt davon, dass alles wieder okay ist. Zur Verdeutlichung ein paar Zahlen: Wer bei Tempo 100 aufschwimmt und wenn der Schreck nur drei Sekunden andauert, hat sich das Fahrzeug in dieser Zeit 83 Meter unkontrolliert weiterbewegt – das ist mehr als eine Fußballfeldlänge, die der Autofahrer absolut keine Kontrolle hat über das, was nun geschieht. Bei 140 km/h sind es bereits 120 Meter. Das verdeutlicht die besondere Gefahr des Aquaplanings, weil der Prozess nach dem Aufschwimmen völlig unkontrolliert abläuft.
Gerade weil Aquaplaning so heimtückisch ist, sollte der Autofahrer sich mental auf so eine Ausnahmesituation vorbereiten. Es genügt nicht, in der Theorie zu wissen, wie man richtig reagieren würde.
Tipp Mentales Training heißt das Lösungswort. Das heißt: bei Regenfahrten sich immer wieder vorstellen, der Vorderwagen würde gleich aufschwimmen, gedanklich Kupplung treten, Gas weg nehmen, Lenkrad fest halten, einundzwanzig, zweiundzwanzig, dreiundzwanzig – Gefahr vorbei.
Es gibt übrigens keine Grenz-Geschwindigkeit, keine Faustregel, bis zu der man sorglos durch den Regen pflügen kann und oberhalb derer der man automatisch in Gefahr ist. Je nach Reifengüte, Regenstärke, Wasserfilmhöhe auf der Fahrbahn, Fahrzeuggewicht und anderen Faktoren können 130 km/h noch vertretbar sein – oder Tempo 80 schon deutlich zu viel. Die Industrie arbeitet an Aquaplaning-Warnsystemen, doch in naher Zukunft dürfen wir serienreife Geräte nicht erwarten. Bis dahin heißt es, die eigenen Sinne zu sensibilisieren und mit der oft zitierten „angepassten Geschwindigkeit“ zu fahren. Neben der Fahrgeschwindigkeit ist aber aber vor allem die Reifenprofiltiefe von entscheidender Bedeutung: Ideal sind natürlich Neureifen mit ihren acht bis neun Millimetern. Noch einmal zur Verdeutlichung sei gesagt, dass Sommerreifen spätestens bei 3, Winterreifen bereits bei nur noch 4 mm ausgetauscht werden sollten. Die zulässigen 1,6 mm Restprofiltiefe sind im Prinzip undiskutabel und haben nur historische bzw. gesetzliche Bedeutung. Bei Regen sollte man mit solchen Reifen aufs Autofahren bei Nässe besser ganz verzichten.
Aber auch der Reifenfülldruck entscheidet mit über Aufschwimmen oder sicher rollen: Zu niedriger Fülldruck erhöht das Aquaplaningrisiko deutlich, weil die Aufstandsfläche nicht optimal auf der Straßenoberfläche aufliegt. Ideal sind der vom Hersteller empfohlene oder gar ein leicht erhöhter Reifendruck.
LG
Dirk
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